Bericht für das 3. Quartal 2023

Auch im dritten Quartal blieb der anhaltende Anstieg der Zinsen der Belastungsfaktor für die Börsen. Angesichts mäßiger Konjunkturaussichten überwogen nicht nur an den Anleihemärkten, sondern auch an den Aktienmärkten Kursrückgänge.

Konjunktur, Inflation und Leitzinsen

Bereits der Auftakt in das zweite Börsenhalbjahr war von Spekulationen um die weitere Geldpolitik der US-amerikanischen Notenbank Fed im weiteren Jahres-verlauf geprägt. Die Erwartung weiterer Leitzins-erhöhungen wurde zunächst durch das veröffentlichte Protokoll der voraus-gegangenen US-Notenbanksitzung und starke Arbeitsmarktdaten bestärkt. Später sprachen auch robuste Konjunktur-daten dafür, dass die USA an einer harten Rezession vorbeikommen, also eher das Szenario eines sogenannten Soft Landing erleben. Positiv wurde der Rückgang der Inflation aufgenommen. Die US-Inflationsrate lag für den Juni bei 3,0 Prozent, die Kernrate bei 4,8 Prozent. Weil sich die Notenbanker nicht auf nächste Zinserhöhungen festlegten, wurde die Leitzins- erhöhung am 26. Juli um 25 Basispunkte auf 5,25 bis 5,5 Prozent für die Funds Rate positiv aufgenommen.

Insbesondere an der Wallstreet hofften Anleger, dass die beschlossene elfte Zinserhöhung die letzte dieses Zinszyklus gewesen sein könnte. Die US-Arbeitsmarktdaten, von denen man sich einen Hinweis darauf erwartet hatte, fielen nicht eindeutig aus. Erstmals stieg die US-Inflationsrate wieder leicht an, und zwar auf 3,2 Prozent für Juli. Die Fed beließ im September zwar wie von den Kapitalmärkten erhofft ihre Leitzinsen unverändert, betonte aber zugleich ihre Ent-schlossenheit, weiter das erklärte Zwei-Prozent-Ziel bei der Inflation anzustreben. Hierzu könnte eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr erfolgen. Zudem dürften etwaige Zinssenkungen 2024 geringer ausfallen als bislang erwartet.

Dies enttäuschte die vorherrschenden Hoffnungen und hatte stärkere Kursverluste an den Aktien- und Rentenmärkten zur Folge. Während sich die Konjunktur in den USA robust entwickelte, zeigte die konjunkturelle Entwicklung in Europa und China Schwächen. Die Sorgen um die chinesische Wirtschaft verstärkten sich angesichts der Pleite großer nationaler Immobilienkonzerne. Die Hoffnung auf tragfähige Wachstumsimpulse nach dem Ende der Corona-Lockdowns wurde enttäuscht.

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte ihre Leitzinsen im Berichtszeitraum zweimal. Beide Schritte, einer am 27. Juli und der nächste am        14. September um jeweils 25 Basispunkte, waren mehrheitlich so erwartet worden. Der Haupt-refinanzierungssatz erreichte 4,5 Prozent und somit den höchsten Stand seit August 2001. Die Einlagefazilität, also die Zinsen, die Geschäfts-banken für ihr Guthaben bei der Zentralbank erhalten, wurde mit 4,0 Prozent sogar auf ein neues Rekordniveau in der Geschichte der EZB erhöht. Der alte Rekord hatte von Oktober 2000 bis Mai 2001 bei 3,75 Prozent gelegen. Auch hier stützten sich die Börsen zunächst auf die Hoffnung, dass nach zehn Zinsschritten ein Ende der Erhöhungen erreicht sein sollte.

Renten, Währungen und Rohstoffe

Auch die Anleihemärkte starteten mit Kurs-verlusten in das zweite Halbjahr. Die Renditen von Staatsanleihen kletterten unter Schwankungen auf neue Hochs. Im August überstieg die Rendite von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit das alte Zehn-Jahres-Hoch vom vergangenen Oktober und erreichte damit den höchsten Stand seit 2009. Zum Kursrückgang der US-Anleihen, der um-gekehrt steigende Renditen zur Folge hat, trug auch die Herabstufung der US-Bonität durch die Ratingagentur Fitch bei. Die Experten der Agentur stuften die Qualität der USA als Schuldner von AAA auf AA+ zurück, gleichsam von „sehr gut“ auf „zwei plus“. Die Ratingagentur Standard & Poors hatte diesen Schritt bereits Anfang August 2011 vollzogen. Hintergrund der Herabstufung ist die sehr hohe und schnell weiterwachsende Staats-verschuldung der USA, die immer wieder eine Anhebung der selbstauferlegten Schuldenober-grenze notwendig macht.

Im September kletterte die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen auf über 4,6 Prozent und damit den höchsten Stand seit 2007. Sie beendete das Quartal schließlich nur knapp darunter bei 4,55 Prozent, was einen Anstieg um 73 Basispunkte (also 0,73 Prozentpunkte) seit Mitte des Jahres bedeutet. Die entsprechende Rendite deutscher Bundesanleihen stieg zeitweilig über 2,9 Prozent, das höchste Niveau seit Sommer 2011, und beendete das Quartal mit einem Anstieg um 46 Basispunkte bei 2,85 Prozent. Der Bund-Future, der die Kursentwicklung deutscher Bundes-anleihen an der Terminbörse angibt, hatte Mitte des Jahres bei 133,7 Zählern gestanden. Er rutschte in den letzten Septembertagen unter 128 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit zwölf Jahren. Ein Kurs von 128,5 Zählern Ende Oktober bedeutet für das Quartal einen Verlust von 3,9 Prozent.

An den Devisenmärkten litt der US-Dollar bis Mitte Juli unter der Leitzinserhöhungspause der US-Notenbank aus dem Juni. Der kleiner werdende Zinsvorteil der US-Währung ließ den Euro bis auf gut 1,12 US-Dollar pro Euro steigen. Damit erreichte die europäische Gemeinschafts-währung zwischenzeitlich den höchsten Stand seit über einem Jahr. In der zweiten Julihälfte begann der US-Dollar einen Aufwärtstrend, der von der Erwartung weiterer Leitzinsanhebungen in den USA gestützt wurde. Bis Ende Oktober führte dieser Abwärtstrend den Euro auf 1,057 US-Dollar, womit die europäische Gemeinschaftswährung alle zwischenzeitlichen Gewinne seit März wieder verlor. Für das Quartal bedeutet das einen Anstieg des US-Dollars gegen Euro um 3,1 Prozent. Dass es sich dabei eher um eine Dollar-Stärke als eine Euro-Schwäche handelt, zeigt sich beim Blick auf den japanischen Yen. Dessen Wechselkurs zum Euro veränderte sich nur wenig, aber gegen US-Dollar verlor der Yen 3,5 Prozent auf 149,3 Yen pro US-Dollar.

Damit näherte sich der US-Dollar in japanischen Yen wieder der Marke von 150 Yen, die ein Mehr-Jahres-Hoch markiert. Bis in den Sommer hinein standen die Währungen der Türkei und Russlands aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in beiden Ländern weiter unter Abwertungsdruck. Beide Notenbanken stemmten sich mit deutlichen Zinserhöhungen dagegen. Die türkische Zentralbank erhöhte ihren Repo-Zinssatz im August um 7,5 und im September um weitere 5 Prozentpunkte auf schließlich 30 Prozent. Die russische Zentralbank erhöhte ihren Schlüsselsatz im August um 3,5 Prozentpunkte und im September um einen weiteren Prozentpunkt auf 13,0 Prozent. Beiden Notenbanken gelang es damit zumindest, den Abwärtstrend ihrer Währungen zu bremsen. Für eine Erholung von den hohen Verlusten reichte es dagegen nicht.

Turbulenter blieb es bei den Kryptowährungen. Mitte Juli fiel das Urteil im Prozess, den die US-Wertpapieraufsicht SEC gegen das Unternehmen Ripple Labs angestrengt hatte. Entgegen der Ansicht der SEC, die das strenge Wertpapierrecht auf Kryptowährungen anwenden will, entschied die zuständige Richterin, dass die von Ripple Labs herausgegebene Kryptowährung XRP im Retail-Markt nicht als Wertpapier einzustufen ist. Der XRP-Wechselkurs schoss darauf um über 70 Prozent nach oben. Auch viele andere Kryptowährungen profitierten mit prozentual zweistelligen Kursgewinnen von der Einstufung, denn die SEC hat auch gegen andere Digital-währungen geklagt. Im weiteren Verlauf verloren die meisten Kryptowährungen im August wieder an Wert. Die Meldung, Elon Musks Weltraumfirma SpaceX habe offenbar ihre ganzen Bestände an Bitcoin verkauft, war nur ein zusätzlicher Belastungsfaktor. Wichtiger dürfte der anhaltende Zinsanstieg sein. Der Bitcoin beendete das Quartal mit einem Verlust von 11,3 Prozent bei gut 27.000 US-Dollar.

An den Rohstoffmärkten galt die Aufmerksamkeit vor allem dem Ölpreis. Das ganze Quartal war von einem Aufwärtstrend geprägt, der zur Jahresmitte begann, im August pausierte und erst in den letzten Tagen des Quartals gebrochen wurde. Die Preise für ein Barrel Öl stiegen für die Sorten Brent und WTI um 25,7 bzw. 22,4 Prozent auf 88,81 bzw. 92,18 US-Dollar. Angesichts des allgemeinen Preisanstiegs gelang es Russland, trotz der inter-nationalen Sanktionen einen höheren Preis für sein Öl zu erzielen. Zwar notiert die russische Ölsorte Urals seit Beginn des Vernichtungskriegs gegen die Ukraine mit einem deutlichen Abschlag, lag aber fast während des gesamten Quartals über der angestrebten Sanktions-Obergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel, zeitweilig sogar über 70 US-Dollar. Wegen des höheren Ölpreises stieg der Bloomberg Commodity Index im Berichtszeitraum um 3,3 Prozent. Der Kupferpreis schwankte im dritten Quartal in einer vergleichsweise engen Bandbreite und veränderte sich letztendlich kaum. Auch bei den Edelmetallen gab es wenig Preisveränderungen, wobei seit Mai die Hoffnungen der Investoren auf steigende Preise enttäuscht wurden. Dies führte zu einem sich selbst verstärkenden Angebotsdruck. Der Goldpreis in Höhe von 1.848 US-Dollar pro Unze zum Stand Ende September bedeutet für das dritte Quartal einen Rückgang um 3,7 Prozent. Aus Sicht eines in Euro rechnenden Anlegers wirkt der US-Dollar-Anstieg jedoch dämpfend, sodass sich in Euro nur ein Rückgang um 0,6 Prozent auf 1.749 Euro je Unze ergibt. Größter Belastungsfaktor für die Edelmetalle blieben die wieder höheren Zinsen. Silber verlor im dritten Quartal 2,6 Prozent auf 22,18 US-Dollar pro Unze, in Euro gerechnet entstand aufgrund der Dollar-Gewinne ein kleines Plus.

Aktienmärkte

Mitte des Jahres wandte sich die Aufmerksamkeit der Aktieninvestoren zunächst der sogenannten Berichtssaison zu, also der Veröffentlichung der Geschäftsergebnisse des abgelaufenen Quartals. Diese begann vielversprechend, als einige US-Großbanken mit ihren Ergebnissen des zweiten Quartals über den Erwartungen des Marktes lagen. Bei Tech-Aktien gab es Gewinnmitnahmen, insbesondere weil die Quartalsergebnisse von Netflix und Tesla enttäuschten. Meta und Nvidia litten etwas darunter, dass die Gewichte der höchstkapitalisierten Nasdaq-Aktien im Index herabgesetzt wurden. Mitte Juli erreichte der Nasdaq-100-Index 15.932 Punkte. Damit näherte er sich seinem Rekord aus dem November 2021 bei 16.764 Zählern bis auf rund fünf Prozent. Auf diesem Niveau mangelte es allerdings an Anschlusskäufen. Der Nasdaq-100 beendete das Quartal schließlich bei 14.715 Indexpunkten und somit mit einem Rückgang um 3,1 Prozent.

Der populäre Dow Jones Index profitierte zunächst vom überwiegend guten Auftakt der Berichtssaison im Juli. Er kletterte erstmals seit dem Frühjahr 2022 wieder auf über 35.000 Zähler und brach damit aus der Seitwärtsbewegung aus, in der er sich im bisherigen Jahresverlauf befunden hatte. Dem Dow Jones fehlten weniger als fünf Prozent bis zum alten Höchststand von Anfang 2022. Aber auch hier entstand kein neuer Aufwärtstrend. Vor allem die Sorge vor weiteren Leitzinserhöhungen drückte im August und September auf die Aktien-kurse. Der Dow Jones beendete das Quartal schließlich mit einem Rückgang um 2,6 Prozent bei 33.507 Punkten. Kleinere Aktien entwickelten sich weiterhin schlechter. Der Russell-2000-Nebenwerteindex verzeichnet im dritten Quartal einen Verlust von 5,5 Prozent.

Die europäischen Aktienmärkte setzten zunächst ihre seit April bestehende Seitwärtsbewegung fort. So gelang dem Euro-STOXX-50 bis zur letzten Juliwoche kein dauerhafter Anstieg über die Marke von 4.400 Punkten. Der Deutschen Aktienindex (DAX) erlitt in der ersten Juliwoche einen Schwächeanfall, der den Index bis auf rund 15.500 Zähler zurückführte. Danach erholte sich der DAX rasch wieder auf Werte über 16.000 Punkte und kletterte bis Ende Juli auf sein bisheriges Jahreshoch bei 16.529 Zählern.

Ab August belastete der anhaltende Zins- und Renditeanstieg auch die europäischen Aktienmärkte. Der Euro-STOXX-50 beendet das Quartal schließlich bei 4.174,7 Punkten und damit 5,1 Prozent tiefer als zur Jahresmitte. Beim DAX bedeutet ein Wert von 15.386,6 Zählern Ende September einen Rückgang um 4,7 Prozent.

TecDAX und MDAC schnitten mit Verlusten von 5,7 bzw. 5,6 Prozent noch schlechter ab. Von den größeren europäischen Märkten konnte sich allein die Börse London der schwächeren Tendenz entziehen. Der FTSE-100-Index schloss die drei Monate am 30. September mit einem kleinen Anstieg um 1,0 Prozent bei 7.608 Punkten ab.

Der japanische Aktienmarkt hatte Probleme, an seine hohen Kursgewinne aus den Vormonaten anzuknüpfen. Allein von Anfang Mai bis Mitte Juni war der japanische Nikkei-225-Index von rund 29.000 Zählern um über 16 Prozent auf 33.773 Punkte gestiegen, den höchsten Stand seit über 30 Jahren. Im Juli blieben größere Anschlusskäufe aus und der japanische Aktienmarkt begann mit einer Konsolidierung der Kursgewinne, wobei sich der Index der Marke von 31.000 Zählern näherte. Ein Belastungsfaktor war die Geldpolitik der Notenbank. Die Bank of Japan (BoJ) gab ihre Obergrenze von 0,5 Prozent bei der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen auf. Ein weiterer negativer Einfluss kam von der konjunkturellen Schwäche in China, über das Japan einen großen Teil seines Außenhandels abwickelt. Der Nikkei-225-Index beendete das Quartal mit einem Rückgang um 4,0 Prozent bei 31.858 Punkten.

Deutlich schlechter blieb die Kursentwicklung der chinesischen Börsen. Vor allem die Krise auf dem Immobilienmarkt drückte auf die Stimmung der Anleger. Große chinesische Imobilienkonzerne kämpfen gegen die Pleite. Der Hang Seng Index der Börse in Hongkong verlor 5,9 Prozent und der Shanghai B Share Index sogar 11,5 Prozent.

Die Aktienmärkte Lateinamerikas konnten sich vom schwächeren internationalen Trend ebenfalls nicht abkoppeln. Nachdem sich die brasilianische Börse in Sao Paulo zuvor deutlich erholt hatte, verlor den Bovespa-Index im dritten Quartal 2,3 Prozent. Der mexikanische IPC Index verzeichnete für den gleichen Zeitraum einen Rückgang um 3,3 Prozent.

Die Aktienkurse der Goldminenbetreiber litten weiterhin überproportional unter dem Rückgang des Goldpreises. Der FT Goldmines Branchenindex schloss das dritte Quartal mit einem Verlust von 13,1 Prozent ab.

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Bericht für das 2. Quartal 2023

Nachdem die Bankenkrise im März ein wichtiges Thema an den Börsen war, traten diese Sorgen im Laufe des zweiten Quartals zunehmend in den Hintergrund. Im Brennpunkt stand für die Kapitalmärkte die Frage, ob, wann und wie stark die restriktive Geldpolitik der Noten­banken die Konjunktur in eine Rezession führen wird.

Konjunktur, Inflation und Leitzinsen

Die kriselnde First Republic Bank wurde durch die US-Großbank JP Morgan übernommen, womit es in den USA gelang, eine Ausweitung der Bankenkrise zu ver­hindern. Im Mai lastete dann der politische Streit um die US-Staatsschuldenobergrenze auf den Börsen, auch wenn ein Kompromiss zwischen den Parteien, wie un­zählige Male zuvor, als wahrscheinlich galt.

Tatsächlich wurde auch diesmal die Zahlungsunfähig­keit des größten Schuldners der Welt, der Vereinigten Staaten von Amerika, durch eine Anhebung der Schul­denobergrenze abgewendet. Die Aufmerksamkeit der Börsen konnte sich dann wieder den Themen Leitzinsen und Konjunktur zuwenden. Erwartungsgemäß erhöhten Anfang Mai die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen jeweils um 25 Basis­punkte. Die Fed Funds Rate erreichte mit nunmehr acht Zinserhöhungen seit März 2022 die Bandbreite 5,00 bis 5,25 Prozent.

Zudem bauen die Notenbanken in großem Umfang die in den vergangenen Jahren zur Stützung gekauften Be­stände an Staatsanleihen wieder ab, was den Märkten weitere Liquidität entzieht, das sogenannte Quantitative Tightening (QT). Zwar legte die US-Notenbank, wie mehrheitlich erwartet, im Juni eine Pause bei ihren Leit­zinserhöhungen ein. Allerdings bereitete sie die Kapital­märkte darauf vor, in diesem Jahr gegebenenfalls ihre Leitzinsen erneut zweimal anzuheben.

Die Europäische Zentralbank (EZB) pausierte dagegen nicht und erhöhte ihre Leitzinsen Mitte Juni noch einmal um je einen Viertel Prozentpunkt. Der Hauptrefinanzie­rungssatz erreichte damit erstmals seit 2008 wieder 4,0 Prozent. Der Spitzenrefinanzierungssatz lag seit Juni 2014 stets 25 Basispunkte darüber und wurde folgerich­tig auf 4,25 Prozent erhöht.

Umgekehrt erhalten Geschäftsbanken für ihre Guthaben bei der Zentralbank wieder 3,5 Prozent Zinsen. Dies ist die höchste Verzinsung seit 2001. Im Zinserhöhungszy­klus von 2005 bis 2008 hatte die EZB auch in der Spitze nicht mehr als 3,25 Prozent gezahlt. Trotzdem rechnen die Märkte damit, dass dieser Zinszyklus nochmal et­was höhere Leitzinsen bringen wird, denn auch die eu­ropäischen Zentralbanker erhöhten ihre Inflationspro­gnose und bereiteten die Märkte auf weitere Zinsschritte vor.

Renten, Währungen und Rohstoffe

Nachdem die wegweisende Rendite von US-Staatsan­leihen mit zehn Jahren Laufzeit Anfang März mit 4,09 Prozent den höchsten Stand seit November markiert hatte, waren die Zinsen unter dem Eindruck der Proble­me im Bankensektor im März deutlich gefallen. In den ersten Apriltagen fiel die Rendite auf nur 3,25 Prozent – den tiefsten Stand seit September vergangenen Jahres. Dann setzte sich allerdings die Auffassung durch, dass die US-Notenbank in den nächsten Monaten wohl ihre Leitzinsen weiter erhöhen wird.

Die Rendite kehrte darauf in die Bandbreite von 3,3 bis 3,9 Prozent zurück. Zur Jahresmitte lag sie bei 3,82 Prozent – 33 Basispunkte höher als drei Monate zuvor, aber immer noch 6 Basispunkte tiefer als bei Jahresbe­ginn. Der Renditeaufschlag von Anleihen mit 30 Jahren Laufzeit wurde noch kleiner. Sie rentierten Mitte des Jahres mit 3,86 Prozent.

Auch europäische Anleihen konnten mehrheitlich nicht an die Kursgewinne aus der ersten Märzhälfte anknüp­fen. Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanlei­hen kletterte wieder und blieb in der vergleichsweise en­gen Bandbreite von 2,2 bis 2,5 Prozent. Sie beendete das Halbjahr bei 2,39 Prozent. Der Bund-Future ver­zeichnet für das zweite Quartal des Jahres einen klei­nen Rückgang um 1,8 Prozent (auf 133,7 Prozent).

Die unterschiedlichen Leitzinsentscheidungen von Fed und EZB lösten Mitte Juni an den Devisenbörsen eine Erholung des Euros gegenüber dem US-Dollar aus, weil der Zinsvorteil der US-Währung kleiner wurde. Ende Mai hatte ein Euro in der Spitze nur noch 1,063 US-Dol­lar gekostet, im Monatsverlauf dann zeitweilig 1,10 US-Dollar. Mit 1,09 US-Dollar pro Euro blieb der Wechsel­kurs aber in der seit den ersten Wochen dieses Jahres gültigen Bandbreite von 1,05 bis 1,11 US-Dollar. Für das zweite Quartal ergibt sich somit lediglich ein Anstieg des Euro um 0,6 Prozent und von 1,9 Prozent für das erste Halbjahr. Schwach zeigte sich aufgrund des wachsen­den Zinsnachteils der japanische Yen. Er verlor im zwei­ten Quartal gegen US-Dollar 8,6 Prozent.

Die Aufwärtsbewegung bei Kryptowährungen aus dem ersten Quartal setzte sich zunächst nur bis Mitte April fort. Bei etwas mehr als 30.000 US-Dollar markierte der Bitcoin den höchsten Stand seit dem Kursrutsch im Juni vergangenen Jahres. Im April wurden die Digitalwährun­gen dann von der Insolvenz der Kryp­tobörse Bittrex in den USA belastet. Zudem verunsi­cherte der weltgrößte Krypto-Handelsplatz Binance den Markt für Digitalwährungen mit der wiederholten Ausset­zung von Auszahlungen. Als die US-Börsenaufsicht SEC im Juni Klage gegen Binance einreichte, zogen Kunden daraufhin binnen 24 Stunden fast 780 Millionen US-Dollar ab. Tags darauf reichte die SEC auch gegen den Kryptobörsenbetreiber Coinbase eine Klage wegen Verstößen gegen das US-Wertpapierrecht ein, weil die SEC Kryptowährungen nach dem Proof of Stake-Ver­fahren (PoS) als Wertpapiere einstuft. Als daraufhin der Neobroker Robinhood ankündigte, PoS-Währungen wie Cardano und Solana zum Monatsende aus seinem An­gebot zu nehmen, führte das bei diesen Digitalwährun­gen zu Wertverlusten von über 20 Prozent. In der zwei­ten Junihälfte kam es dennoch zu einer Kurserholung, weil mehrere große Akteure aus der traditionellen Fi­nanzbranche bekanntgaben, weiter in Richtung Digital­währungen zu expandieren. Der Bitcoin beendete das zweite Quartal schließlich mit einem Zuwachs von 8,4 Prozent bei rund 30.440 US-Dollar.

Mit den Rohstoffpreisen ging es im zweiten Quartal überwiegend abwärts. Die Preise für ein Barrel Öl san­ken für die Sorten Brent und WTI um 5,5 bzw. 6,7 Pro­zent auf 75,32 bzw. 70,64 US-Dollar. Daraus ergibt sich für das zweite Quartal ein Rückgang um rund 6 Prozent. Die russische Ölsorte Urals notiert seit Inkrafttreten der internationalen Sanktionen wegen des Angriffskriegs ge­gen die Ukraine mit einem deutlichen Abschlag. Im April wurde die angestrebte Obergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel zwar zwischenzeitlich etwas überschritten, aber im Mai und Juni funktionierte sie wieder.

Der Kupferpreis sank im zweiten Quartal um knapp 7 Prozent und gab damit den Preisanstieg aus dem ers­ten Quartal wieder vollständig ab. Grund ist auch hier die schwächere Einschätzung der Weltkonjunktur im weiteren Jahresverlauf und im kommenden Jahr.

Der Bloomberg Commodity Index sank im Berichtszeit­raum um 3,8 Prozent. Fallende Preise erlebten auch Edelmetalle. Der Goldpreis hatte vor allem im März von der Bankenkrise und der damit verbundenen Hoffnung auf ein Ende des Zinsanstiegs profitiert. Anfang Mai scheiterte aber der Versuch, einen Aufwärtstrend ober­halb der alten Rekordhochs auszubilden. Zwar erreichte der Goldpreis kurzzeitig 2.081 US-Dollar pro Unze. Wie schon in den Jahren 2020 und 2022 überwog aber auf diesem Preisniveau die Verkaufsneigung, sodass der Goldpreis in einen leichten Abwärtstrend geriet, der im Juni die 1.900-US-Dollar-Marke berührte.

Der Preis von 1.920 US-Dollar pro Unze zur Jahresmitte bedeutet für das zweite Quartal einen Rückgang um 2,5 Prozent. Weil aus Euro-Sicht der Dollar-Rückgang um 0,6 Prozent hinzukommt, ergibt sich in Euro ein Rück­gang um 3,1 Prozent auf 1.760 Euro je Unze. Die Rück­kehr der Zinsen gilt als wichtigster Belastungsfaktor für das zinslose Gold. Prozentual stärker fiel der Preisrück­gang bei den anderen Edelmetallen aus. Silber verlor im zweiten Quartal 5,4 Prozent auf 22,78 US-Dollar pro Unze, Platin 9,2 Prozent und Palladium sogar 16,0 Pro­zent.

Aktienmärkte

Die Sorgen um eine möglicherweise eskalierende Ban­kenkrise traten zunehmend in den Hintergrund. An ihre Stelle traten wieder Zins- und Konjunktursorgen. Die Aussicht auf zunächst noch weiter steigende Leitzinsen bei einer gleichzeitigen Schwäche der Wirtschaft brems­te die Aktienmärkte. Positiv bleibt festzuhalten, dass Eu­ropas Wirtschaft deutlich besser durch den Winter kam als nach dem Bruch der Gaslieferverträge durch Russ­land 2022 befürchtet wurde.

Die Wallstreet honorierte schwächere Wirtschaftsdaten mit Kursgewinnen, weil damit die Hoffnung auf ein Ende der Fed-Leitzinserhöhungen größer wurde. Davon profi­tierten weiterhin die Aktien der großen Technologiekon­zerne, die seit Jahresbeginn einen größeren Teil ihrer Vorjahres-Kursverluste aufholen konnten. Unterbrochen wurde die Aufwärtsbewegung nur kurzzeitig, als sich der PC-Markt schwächer als erwartet entwickelte.

Die Veröffentlichung der Unternehmensergebnisse des ersten Quartals löste zwar bei vielen Aktien Kursreaktio­nen in die ein oder andere Richtung aus. So konnten die US-Großbanken hohe Gewinne vermelden. Größere Impulse für den Gesamtmarkt gingen davon aber nicht aus. Vielmehr konzentrierten sich Anleger auf relativ we­nige Technologie-Aktien, von denen sie sich auch bei ei­nem schwächeren Wirtschaftsumfeld Wachstum ver­sprechen.

Bevorzugt wurden insbesondere Aktien, die mit dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) in Verbindung ge­bracht werden. Der rasante technische Fortschritt in die­sem Bereich sorgte für Kursfantasie. Gute Quartalszah­len und ein starker Ausblick beim Chip-Designer NVIDIA übertrafen im Mai die Erwartungen des Marktes deutlich und lösten einen Kurssprung der Aktie aus. Im Juni überschritt der rechnerische Börsenwert des Unterneh­mens die Marke von einer Billion US-Dollar. Aufgrund des hohen Einflusses, den große Tech-Aktien wie Microsoft und Apple auf viele Aktienindizes haben, stie­gen diese weiter.

Die Masse der US-Aktien hat dagegen im laufenden Jahr kaum Kursgewinne vorzuweisen. Der S&P-500 schließt das zweite Quartal dank der großen Tech-Akti­en mit einem Plus von 8,3 Prozent ab, der Nasdaq-100-Index sogar mit 15,2 Prozent. Beim populären Dow Jo­nes Industrial Average fällt der Quartalszuwachs mit 3,4 Prozent auf 34.408 Zähler dagegen kleiner aus. Der US-Nebenwerteindex Russell-2000 schaffte im zweiten Quartal ein Plus von 4,8 Prozent.

An den europäischen Aktienbörsen setzte sich die Kurs­erholung im zweiten Quartal nur verlangsamt fort. Der Kursrückgang in der ersten Märzhälfte erwies sich als untergeordnete Korrektur, denn schon in der zweiten Monatshälfte waren diese Kursverluste in den meisten Fällen wieder aufgeholt. Im April erreichte der Euro-STOXX-50 erstmals wieder 4.400 Punkte und lag damit knapp unter den im November 2021 und Anfang 2022 erreichten Zehn-Jahres-Hochs. Für den europäischen Leitindex war das Quartal von einer Seitwärtsbewegung geprägt, denn oberhalb von 4.400 Punkten nahm die Verkaufsneigung vieler Anleger zu. Die Bereitschaft, noch in den Aktienmarkt einzusteigen, fiel dagegen ab. Letztendlich beendete der Euro-STOXX-50 das zweite Quartal mit einem Plus von 1,9 Prozent bei 4.399 Zäh­lern.

Dabei ist allerdings zu bedenken, dass dem Kursindex die Dividendenzahlungen vorenthalten werden, was bei einer Dividendenrendite von rund 3 Prozent den Rück­stand gegenüber Performanceindizes erklärt, bei denen die Dividenden eingerechnet werden. So kommt der Deutschen Aktienindex (DAX) nur dank der zahlreichen im zweiten Quartal gezahlten Dividenden auf einen An­stieg von 3,3 Prozent. Der DAX näherte sich bereits im April der Marke von 16.000 Punkten, überwand sie im Mai und markierte im Juni bei 16.427 Zählern ein neues Rekordhoch.

Auffällig gut entwickelte sich weiterhin der griechische Aktienmarkt. Die volkswirtschaftlichen Rahmendaten haben sich nach der Staatsschuldenkrise deutlich ver­bessert und die griechischen Unternehmen entwickeln sich mehrheitlich gut. Der Athex Composite Index der Börse in Athen stieg im zweiten Quartal um 21,2 Pro­zent.

Außerhalb Europas zeigte der japanische Aktienmarkt auffallende relative Stärke. Angesichts seiner günstigen Bewertung, der Schwäche der japanischen Währung und verbesserter Aussichten für die japanische Wirt­schaft nahm das Interesse von Anlegern an japanischen Aktien deutlich zu. Der Nikkei-225-Index stieg vor allem im Mai deutlich, überwand dabei die Hochs der vergan­genen Jahre und erreichte mit über 33.000 Punkten den höchsten Stand seit 1990. Der Indexstand von 33.189 Zählern zur Jahresmitte bedeutet für das zweite Quartal ein Plus von 18,4 Prozent. Der besser strukturierte To­pix Index weist für den gleichen Zeitraum einen Zu­wachs von 14,2 Prozent aus.

Die chinesischen Aktienmärkte litten unter den nun wie­der schwächeren Konjunkturaussichten. Der Hang Seng Index verlor im zweiten Quartal 7,3 Prozent und der Hang Seng China Enterprise (HSCE) 7,8 Prozent. Bes­ser schnitten weiterhin die Börsen Seoul (Südkorea) und Taipeh (Taiwan) ab. Der südkoreanische KOSPI stieg im Berichtszeitraum um 3,5 Prozent und der Tai­wan Weighted Index um 6,7 Prozent. Der indische Akti­enmarkt verzeichnete nach der Konsolidierung im ers­ten Quartal nun wieder Kursgewinne. Der BSE Sensex der Börse in Mumbai lag im zweiten Quartal 9,7 Prozent höher.

Sehr differenziert blieb auch die Kursentwicklung an den Aktienmärkten Lateinamerikas. Die brasilianische Börse in Sao Paulo erlebte nach zwei Quartalen in Folge mit schwächerer Performance eine Erholungsrallye. Der brasilianische Bovespa-Index beendete das zweite Quartal mit einem Anstieg um 16,8 Prozent, während der mexikanische IPC Index auf der Stelle trat.

Die Aktienkurse der Goldminenbetreiber litten unter der Schwäche des Goldpreises. Der FT Goldmines Bran­chenindex verzeichnet im zweiten Quartal einen Rück­gang um 6,6 Prozent.

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