Nachdem sich die Märkte im April und Mai mit der chaotischen Zollpolitik von US-Präsident Trump beschäftigen mussten, galt die Aufmerksamkeit im Juni vor allem dem Konflikt zwischen Israel und dem Iran. Die Aktienmärkte litten zunächst stark unter den US-Zollankündigungen, erholten sich aber weitgehend, als erkennbar wurde, dass diese nicht wie angekündigt durchsetzbar sein würden und zeigten sich schließlich erleichtert, dass der Nahost-Konflikt nicht noch weiter eskalierte.
Konjunktur, Inflation und Leitzinsen
Die Sorgen um die Weltkonjunktur nahmen im April zu. Grund waren die am 2. April von US-Präsident Trump verkündeten Zusatzzölle. Sie stützten sich auf krude, willkürliche Berechnungsmethoden und fielen viel höher aus als von den Märkten erwartet. Trumps selbsterklärter „Tag der Befreiung“ geriet damit zu einer handelspolitischen Kriegserklärung an den Rest der Welt. Die Volksrepublik China reagierte zügig, aber im Gegensatz zu den USA sehr kalkuliert mit Gegenmaßnahmen, welche die US-Wirtschaft empfindlich trafen. Insbesondere die Ausfuhrbeschränkungen bei seltenen Rohstoffen schnitten zahlreiche Unternehmen von Zulieferungen ab, die kurzfristig nicht anderweitig zu ersetzen sind.
Beim Versuch, den Schaden für die USA zu begrenzen, änderte Trump seine Zollpolitik nahezu täglich. Ein Großteil der Zusatzzölle wurde ausgesetzt, auch gegen China. Der Präsident der US-Notenbank, Jerome Powell, machte auf die Folgen der Zölle aufmerksam: weniger Wachstum, steigende Preise und mehr Arbeitslose in den USA. Trump griff darauf Powell und die Unabhängigkeit der Notenbank öffentlich an, was zu weiteren Kursverlusten an den Börsen führte. Daraufhin machte Trump auch in diesem Punkt einen Rückzieher und erklärte, er verlange nicht Powells Rücktritt. Auf Drängen mehrerer Automobilhersteller in den USA milderte Trump deren Belastung durch Sonderzölle ab. Ein Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA wurde schließlich als positives Signal gewertet. Allerdings hat sich der britische Außenhandel nach dem EU-Austritt 2020 nicht wie dort erhofft entwickelt und London eine schwache Verhandlungsposition beschert.
Am 12. Mai kündigten Washington und Peking an, für 90 Tage geringere Zölle zu erheben, um Zeit für Verhandlungen zu haben. Die US-Zölle auf chinesische Waren wurden für diesen Zeitraum von 145 auf 30 Prozent gesenkt, während China die Zölle auf amerikanische Waren von 125 auf 10 Prozent senkte. Trotz dieser Deeskalation erheben die USA aber durchschnittlich die höchsten Einfuhrzölle seit 1937. Berechnungen zur Wirtschaftsleistung der USA zeigten, dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal überraschend schrumpfte, was bereits auf Trumps Politik zurückgeführt wurde. Die US-Notenbank signalisierte aber trotzdem, dass sie sich mit einem ersten Zinssenkungsschritt in diesem Jahr Zeit lasse, weil sie Risiken für die Inflation sehe. Die US-Notenbank beließ ihr Leitzinsband bei 4,25 bis 4,50 Prozent. Weil der größte Teil der US-Einfuhren kurz- und sogar mittelfristig nicht durch Produktion innerhalb der USA ersetzt werden kann, dürften die Zölle zu Preissteigerungen führen. Ein anderer Teil der Zölle dürfte die Gewinnspannen der US-Unternehmen belasten. Das von der Uni Michigan erhobene Verbrauchervertrauen für Mai fiel auf ein Dreijahrestief und die Stimmung im Baugewerbe erreichte im Mai den niedrigsten Stand seit Ende 2023.
Während sich die Aussichten für Inflation und Konjunktur in den USA verschlechterten, verbesserte sich die Stimmung in der Eurozone. Im Gegensatz zur US-Notenbank konnte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen weiter senken: Sowohl Mitte April als auch Anfang Juni wurden der Einlagenzins, der Haupt- und der Spitzenrefinanzierungssatz jeweils um 25 Basispunkte, zusammen also um einen halben Prozentpunkt auf 2,0 bzw. 2,15 und 2,4 Prozent gesenkt. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) senkte ihren Leitzins Mitte Juni das sechste Mal in Folge – auf jetzt Null.
Anleihen, Währungen und Rohstoffe
In Reaktion auf Trumps „Tag der Befreiung“ erlebte der US-Anleihemarkt die stärksten Kursverluste seit Jahren. Die Rendite von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit schoss binnen einer Woche von 3,9 Prozent bis auf fast 4,6 Prozent nach oben. Und die Rendite für 30jährige Anleihen näherte sich wieder der Fünf-Prozent-Marke und damit den Höchstständen der vergangenen zwanzig Jahre. Dies löste Sorgen um die Fähigkeit der USA aus, ihre immense Staatsverschuldung noch bedienen zu können. Über die Hälfte der befragten Kapitalmarkt-Strategen äußerte sich besorgt über den Status von US-Staatsanleihen als sicherer Hafen.
Ein paar Tage später billigte das US-Repräsentantenhaus mit knapper Mehrheit Trumps Gesetz für weitere Steuersenkungen. Demnach sollen die Steuern für Reiche nochmals gesenkt werden. Weil die Gegenfinanzierung durch eine weitere Absenkung von Sozialleistungen nicht ausreicht, dürften die ohnehin hohen Staatsschulden der USA noch schneller steigen. Die von Trump und seinem Sonderbeauftragten Elon Musk angekündigten Einsparungen im Staatsapparat erreichten nur einen Bruchteil der versprochenen Summe. Im Mai stieß eine Auktion von US-Staatsanleihen mit 20 Jahren Laufzeit auf wenig Interesse. Doch schon im Juni zeigte sich der US-Anleihemarkt wieder entspannter. Die Versteigerung von US-Staatsanleihen mit 30 Jahren Laufzeit im Volumen von 22 Milliarden US-Dollar konnte mit einer Rendite von 4,84 Prozent platziert werden. Bis Ende Juni verringerte sich deren Rendite auf 4,78 Prozent. Für das Quartal verblieb ein Anstieg um 19 Basisstellen, also 0,19 Prozentpunkte. Die Rendite der wegweisenden US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit verringerte sich von 4,63 Prozent Mitte Mai auf 4,23 Prozent zur Jahresmitte. Für das Quartal verblieb nur ein Anstieg um 2 Basisstellen. Kursgewinne gab es dagegen bei europäischen Anleihen. Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen sank im zweiten Quartal um 15 Basisstellen auf 2,59 Prozent. Der Bund-Future verzeichnete von Anfang April bis Ende Juni einen Kursanstieg um 1,2 Prozent auf 130,3 Punkte.
An den Devisenmärkten wurde die Schwäche des US-Dollars zum beherrschenden Thema. Trotz des wachsenden Zinsvorteils des US-Dollars gegenüber dem Euro beschleunigte sich der Abwärtstrend der US-Währung. Bevor Trump mit seinen Zollankündigungen die Märkte verunsicherte, hatte der US-Dollar Anfang Februar noch bei 1,02 US-Dollar je Euro notiert. Mit dem fortschreitenden Vertrauensverlust in die USA wurde auch die US-Währung schwächer. Ende Juni kostete ein Euro fast 1,18 Dollar, der höchste Wert seit 2021. Für das zweite Quartal bedeutet das einen Rückgang des US-Dollars gegen Euro um 9,0 Prozent. Gegen den japanischen Yen verlor der US-Dollar im gleichen Zeitraum immerhin 4,1 Prozent. Vor dem Hintergrund des amerikanisch-chinesischen Zollstreits hielt Peking seine Währung zum US-Dollar stabil bei 7,16 Yuan pro US-Dollar.
Bei Kryptowährungen erlebte der Markt im zweiten Quartal eine Zweiteilung. Die älteste Digitalwährung, Bitcoin, profitierte von der wieder zunehmenden Risikobereitschaft vieler Anleger, die in Erwartung von Kursgewinnen die digitalen Coins erwarben. Die Korrelation des Bitcoins zum US-Aktienmarkt nahm weiter zu. Im Mai wurde ein neuer Rekordwert von 112.000 US-Dollar pro Bitcoin erreicht. Ein Wechselkurs von rund 107.300 US-Dollar zur Jahresmitte bedeutet einen Anstieg im zweiten Quartal um 30 Prozent, wobei in Euro rechnende Anleger aufgrund der Dollar-Schwäche 9 Prozent weniger erzielten. Bei den meisten andere Kryptowährungen gab es zwar von April bis Mai auch einen Erholungsversuch, jedoch blieben sie im laufenden Jahr ganz überwiegend in der Verlustzone. Der Anteil des Bitcoins am gesamten Kurswert ausgegebener Kryptowährungen, die sogenannte Bitcoin-Dominanz, erreichte mit 65 Prozent (Anteil am Marktwert der 125 größten Digitalwährungen) den höchsten Stand seit Anfang 2021.
Nachdem im ersten Quartal an den Rohstoffmärkten steigende Preise überwogen hatten, drückten im zweiten Quartal Sorgen um die Weltkonjunktur auf die Rohstoffpreise. Der Bloomberg Commodity Index verzeichnet für den Berichtszeitraum ein Minus von 4,3 Prozent (auf 101,8 Zähler). In Euro gerechnet fällt der Rückgang aufgrund der Dollarschwäche deutlich höher aus. Der Kupferpreis veränderte sich in US-Dollar nur wenig. Dagegen fiel der Ölpreis im zweiten Quartal sogar um rund 10 Prozent, auch wenn er zwischenzeitlich auf den höchsten Stand seit Januar stieg. Als die USA in den israelisch-iranischen Krieg eingriffen, verteuerte sich ein Barrel in der Spitze bis auf 79 US-Dollar (Ölsorte Brent). Die anschließende Waffenruhe ließ den Ölpreis wieder auf das Vor-Kriegs-Niveau unter 70 US-Dollar pro Barrel fallen.
Gewinner des Vertrauensverlustes in die USA und seine Währung war das Gold. Der Goldpreis stieg im April auf neue Rekordhöhen und erreichte erstmals in seiner Geschichte den Wert von 3.500 US-Dollar pro Unze. In den Folgewochen durchlief der Goldpreis eine Seitwärtsbewegung und beendete das zweite Quartal schließlich bei 3.303 US-Dollar pro Unze mit einem Anstieg um 5,8 Prozent. In Euro ergibt sich aufgrund der Dollarschwäche ein Verlust von 2,9 Prozent auf rund 2.803 Euro pro Unze. Die zuvor hinter Gold weit zurückgebliebenen Edelmetalle Silber, Platin und Palladium nutzten die Seitwärtsbewegung beim Gold für eine Aufholbewegung. Silber erreichte mit 37 US-Dollar pro Unze den höchsten Wert seit 2012. Platin beendete seine mehrjährige Seitwärtsbewegung und stieg im zweiten Quartal um 36 Prozent auf 1.357 US-Dollar pro Unze, Palladium immerhin um 11,6 Prozent auf 1.100 US-Dollar pro Unze.
Aktienmärkte
Die Wallstreet reagierte Anfang April mit einem Kurseinbruch auf die von Trump verkündeten Zusatzzölle. Der Dow Jones verlor alle Kursgewinne seit Anfang 2024 und gegenüber den Rekordständen bei gut 45.000 Punkten in der Spitze fast 19 Prozent. Beim für den Gesamtmarkt repräsentativeren S&P-500-Index erreichte der Kursrückgang 21 Prozent (auf 4.835 Punkte) und beim Nasdaq-100 sogar 25,6 Prozent (auf 16.542,2 Zähler) – jeweils gegenüber den wenige Wochen zuvor erreichten Rekordhochs.
Aber schon im April begann eine Kurserholung, nicht zuletzt wegen überwiegend guter Unternehmensergebnisse. Ungefähr drei Viertel der 500 Unternehmen, deren Aktien im S&P 500 Index zusammengefasst werden, haben mit ihren Ergebnissen die Gewinnschätzungen für das erste Quartal übertroffen. Durchschnittlich lagen die Unternehmensgewinne 12 Prozent höher als vor einem Jahr. Insbesondere US-Technologieaktien unter Führung des KI-Chipherstellers Nvidia zeigten eine weitreichende Kurserholung. Auch die Quartalsberichte der Tech-Riesen Microsoft, Meta und Alphabet fielen gut aus. Erst in der Nähe der Rekordhöhen aus dem Februar schwächte sich das Aufwärtsmomentum des US-Aktienmarktes ab.
Die Wirtschaftsdaten wurden mehrheitlich als Hinweis auf eine weiterhin robuste Konjunktur interpretiert. Zudem konnten die Märkte die Gefahren durch Zollstreitigkeiten zunächst einmal weitgehend ausblenden, nachdem mit den größten Handelspartnern Verhandlungen aufgenommen wurden. Für Auftrieb sorgten schließlich Signale aus Washington, im Zollstreit mit China und der Europäischen Union (EU) könne es Einigungen geben. Als sich auch die Sorgen um eine mögliche Eskalation des Krieges im Nahen Osten verflüchtigten und angesichts der Waffenruhe der Ölpreis wieder fiel, begründete dies weitere Kursgewinne an den Aktienmärkten. Zudem rechnen die Märkte mit mindestens einer Leitzinssenkung im zweiten Halbjahr durch die US-Notenbank. Pünktlich zur Jahresmitte erreichte der S&P-500-Index einen neuen Rekordstand und beendete das zweite Quartal mit einem Plus von 10,6 Prozent bei 6.205 Zählern. Gleiches gilt für den Nasdaq-100 mit einem Anstieg um 17,6 Prozent auf 22.679 Punkte. Dem Dow Jones Industrial Average reichte dagegen ein Plus von nur 5,0 Prozent auf 44.095 Zähler nicht für neue Rekorde. Der US-Nebenwerteindex Russell-2000 stieg im zweiten Quartal um 8,1 Prozent.
Auch die europäischen Aktienmärkte drehten nach den Kursverlusten in der ersten Aprilhälfte nach oben. Die Quartalsberichtssaison fiel allerdings nicht so gut aus wie in den USA. Zwar konnten fast zwei Drittel der Unternehmen die durchschnittlichen Gewinnschätzungen der Analysten übertreffen, insgesamt ergab sich aber kein Anstieg der Gewinne gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres. Auch die Umsätze lagen nur ungefähr auf Vorjahresniveau.
Nachdem die Eskalation des Nahost-Konfliktes stärkere Gewinnmitnahmen ausgelöst hatte, stabilisierten sich die Aktienmärkte angesichts der Waffenruhe. Für den Euro-STOXX-50 bedeutet ein Wert von 5.303 Punkten zur Jahresmitte für das zweite Quartal nur einen Mini-Anstieg um 1,0 Prozent. Der paneuropäische STOXX-50 verlor im Berichtszeitraum sogar mit minus 2,0 Prozent auf 4.454 Zähler. Insbesondere der schweizerische Aktienmarkt schnitt schlecht ab: Der Swiss Market Index (SMI) verzeichnet für das zweite Quartal ein Minus von 5,4 Prozent auf 11.921 Punkte. Zu den größeren Gewinnern zählten wie im ersten Quartal die Leitindizes in Österreich (ATX plus 8,7 Prozent auf 4.430 Zähler) und in Griechenland (Athex Composite plus 10,8 Prozent auf 1.868 Punkte).
Der deutsche Aktienindex DAX profitierte unter anderem von den schuldenfinanzierten Ausgabenprogrammen und erreichte im Mai erstmals neue Rekordhöhen über 24.000 Zähler und beendete das Quartal schließlich bei 23.910 Punkten mit einem Plus von 7,9 Prozent. Deutsche Nebenwerte konnten dabei mitziehen. So stiegen der MDAX um 11,3 Prozent und der SDAX sogar um 15,3 Prozent.
Auch der japanische Aktienmarkt litt vorübergehend unter dem „Trump-Zoll-Crash“, erholte sich dann aber. Bei gut der Hälfte der japanischen Unternehmen lagen die Ergebnisse des ersten Quartals über den Gewinnschätzungen. Sowohl die Umsatzerlöse als auch die Gewinne lagen im Durchschnitt 4 Prozent höher als vor einem Jahr. Die Börse in Tokio zeigte sich im internationalen Vergleich weniger belastet vom Nahost-Konflikt. Im Juni kletterte der Nikkei-225 auf ein neues Jahreshoch und beendete das Quartal mit einem Anstieg um 13,7 Prozent bei 40.487 Zählern. Der repräsentativere Topix-Index stieg nur um 7,3 Prozent, hatte im ersten Quartal aber auch deutlich weniger verloren. Nachdem der Markt besonders unter den Zollplänen von Trump gelitten hatte, stützte sich die Kurserholung auf die fortschreitenden Bemühungen japanischer Unternehmen, ihre Rentabilität zu erhöhen.
Von den asiatischen Aktienmärkten zeigte vor allem Südkorea nach den Jahrestiefs im April eine starke Erholungsrallye. Sie bescherte dem KOSP-Index im zweiten Quartal einen Anstieg um 23,8 Prozent auf 3.072 Punkte.
Die Aktienkurse der Goldminenbetreiber profitierten weiterhin vom Goldpreisanstieg, angesichts der mehrwöchigen Seitwärtskonsolidierung im zweiten Quartal allerdings nicht mehr so stark wie im ersten Quartal. Der FT Goldmines Branchenindex verzeichnete für den Berichtszeitraum einen Anstieg um 14,8 Prozent.