Bericht für das 4. Quartal 2023

achdem die Börsen in den ersten drei Quartalen des Jahres unter dem Zinsanstieg zu leiden hatten, gaben ab Mitte Oktober fallende Zinsen den Kapitalmärkten Auftrieb, sodass das Börsenjahr 2023 besser ausfiel als die meisten Marktbeobachter erwartet hatten.

Konjunktur, Inflation und Leitzinsen

In der ersten Oktoberhälfte drückte die Aussicht auf „hö­here Zinsen für längere Zeit“ („higher for longer“) auf die Stimmung an den Börsen. Die Nachricht vom barbari­schen Hamas-Angriff auf Israel löste Ängste vor einer Eskalation des Nahost-Konfliktes aus und ließ kurzfristig den Ölpreis steigen. Die befürchteten Auswirkungen auf die Weltwirtschaft blieben begrenzt. So zeigte sich die Konjunktur insbesondere in den USA weiter robust, während die konjunkturelle Entwicklung in Europa und China die schon zuvor sichtbaren Schwächen wider­spiegelte. In den großen Volkswirtschaften sank die In­flationsrate weiter, für November in den USA auf 3,1 Prozent und in der Eurozone auf 2,4 Prozent.

Obwohl im Gesamtjahr 2023 die Zahl von Leitzinserhö­hungen durch Zentralbanken doppelt so hoch war wie die Zahl von Leitzinssenkungen (160 zu 81), überwogen im vierten Quartal bereits die Zinssenkungen (14 Zins­erhöhungen gegenüber 34 Zinssenkungen). Die wich­tigsten Zentralbanken, die US-Notenbank Federal Re­serve (Fed), die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank of England (BoE) und die Bank of Japan (BoJ) be­ließen ihre Leitzinsen unverändert. Die Fed hatte am 26. Juli ihre letzte Zinserhöhung verkündet. Damals war die Bandbreite für die Funds Rate auf 5,25 bis 5,5 Pro­zent angehoben worden. Dies ist das höchste Niveau seit dem Frühjahr 2001.

Die EZB hatte ihren Zinsschritt am 14. September vor­genommen, als sie den Hautrefinanzierungssatz auf 4,5 Prozent erhöht hatte. Die Einlagefazilität, also der Zins, den Geschäftsbanken für Guthaben bei der Zentralbank halten, blieb seitdem bei 4,0 Prozent, dem höchsten Ni­veau seit der Euro-Einführung Anfang 1999. Zinssen­kungen gab es im Berichtszeitraum vor allem in la­teinamerikanischen Ländern, etwa in Brasilien, sowie in Zentraleuropa wie in Polen und Ungarn. Dagegen mussten unter anderem die Türkei und Russland den anhaltenden Kaufkraft- und Wertverlust ihrer Währun­gen mit weiteren Leitzinserhöhungen bekämpfen.

Renten, Währungen und Rohstoffe

An den Rentenmärkten herrschten zunächst noch Sor­gen um die rasch steigenden Staatsschulden. Den USA drohte aufgrund des Haushaltsstreits vorüberge­hend wieder ein Regierungsstillstand. Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen berührte Mitte Oktober erstmals seit 2007 die Fünf-Prozent-Marke. Italienische Staatstitel mit derselben Laufzeit stiegen sogar über diese Marke – das höchste Niveau seit mehr als zehn Jahren. Deutsche Bundesanleihen rentierten bei zehn Jahren Laufzeit erstmals wieder nahe der Drei-Prozent-Marke. Dann setzte sich an den Kapitalmärkten die Überzeugung durch, dass auf die „Zinspause“ der gro­ßen Notenbanken Zinssenkungen im nächsten Jahr fol­gen werden.

Die Rendite von zehnjährigen US-Staatsanleihen sank bis auf 3,8 Prozent und beendete das Jahr schließlich nur knapp darüber bei 3,87 Prozent, was für das Quar­tal einen Zinsrückgang um 68 Basispunkte (also 0,68 Prozentpunkte) bedeutet. Die entsprechende Rendite deutscher Bundesanleihen entfernte sich wieder von der Drei-Prozent-Marke nach unten und beendete das Quartal mit einem Rückgang um 83 Basispunkte bei 2,02 Prozent. Der Bund-Future, der die Kursentwicklung deutscher Bundesanleihen an der Terminbörse angibt, stieg im vierten Quartal um 6,8 Prozent auf 137,2 Punk­te.

An den Devisenmärkten hatte der US-Dollar bis An­fang Oktober von der Erwartung weiterer Leitzinsanhe­bungen in den USA profitiert. Dies hatte dem Euro einen Abwärtstrend bis 1,045 US-Dollar beschert. Im vierten Quartal kehrte sich diese Entwicklung um. Als ein Be­lastungsfaktor für die Weltleitwährung wurde die hohe Staatsverschuldung der USA angeführt, die wegen der gestiegenen Zinsen zunehmend schwieriger zu finan­zieren sein dürfte. Wenn zudem auch die Europäische Zentralbank (EZB) 2024 ihre Zinsen anheben würde, wäre der Zinsvorteil der amerikanischen Währung nicht so groß wie zuvor angenommen. Bis kurz vor dem Jah­resende erholte sich der Euro bis auf 1,114 US-Dollar. Ein Wechselkurs von 1,104 US-Dollar pro Euro am Jah­resende bedeutet für das vierte Quartal einen Rückgang des Dollars gegen Euro um 4,4 Prozent.

Gegen japanischen Yen verlor die US-Währung sogar 5,5 Prozent auf 141 Yen pro US-Dollar, gegen den chi­nesischen Renminbi nur 2,9 Prozent auf 7,08 Yuan. Der türkischen Notenbank gelang es nicht, den Wertverfall ihrer Währung zu stoppen. Die türkische Lira verlor ge­gen Euro im vierten Quartal rund 12 Prozent an Wert.

Eine Kursrallye erlebten die meisten Kryptowährungen unter der Führung des Bitcoins. Das Umfeld aus stei­gender Staatsverschuldung, fallenden Zinsen und geopolitischen Sorgen mag den Boden für den Anstieg bereitet haben. Treiber waren aber Meldungen, wonach in den USA die Zulassung eines Bitcoin Spot ETFs nach dem Jahreswechsel bevorstehe. Davon werden erhöhte Akzeptanz und steigende Nachfrage nach Digitalwäh­rungen erwartet. Der Wechselkurs des Bitcoins stieg im Verlauf des vierten Quartals um 57 Prozent auf rund 42.500 US-Dollar – den höchsten Stand seit April 2022. Andere Kryptowährungen zeigten sich im Kielwasser dieser Entwicklung prozentual noch stärker erholt. Vor allem Solana, das damit in den Kreis der fünf wertvolls­ten Blockchain-Projekte aufstieg und Ripple auf den sechsten Platz verdrängte.

An den Rohstoffmärkten ließen Ängste vor einer Eska­lation des Nahost-Konfliktes im Oktober kurzfristig den Öl- und den Goldpreis steigen. Schon im September war der Ölpreis auf Jahreshochs von über 90 US-Dollar pro Barrel gestiegen. Ein Gegenbewegung Anfang Ok­tober bis unter 85 US-Dollar endete abrupt mit dem Ter­rorangriff der Hamas auf Israel und der Ölpreis kehrte in die Nähe seiner Jahreshochs bei rund 95 US-Dollar zu­rück. Als die Ängste vor einer möglichen Eskalation klei­ner wurden, sank der Ölpreis im Verlauf des Quartals unter 80 US-Dollar pro Barrel. Öl der amerikanischen Sorte WTI kostete am Jahresende 71,80 US-Dollar, 19 Prozent weniger als drei Monate zuvor. Öl der europäi­schen Sorte Brent notierte am Jahresende bei gut 77 US-Dollar pro Barrel, 16 Prozent weniger als Ende Sep­tember.

In der Folge verzeichnete der Bloomberg Commodity In­dex, in dem Öl ein hohes Gewicht hat, im Berichtszeit­raum einen Rückgang um 5,9 Prozent. Auch der Gold­preis reagierte mit einem Anstieg auf den Hamas-Terror. Ähnlich wie im März stieg der Goldpreis von kaum mehr als 1.800 US-Dollar binnen zwei Wochen bis an die Marke von 2.000 US-Dollar. Anders als beim Öl setzte sich der Preisanstieg im November fort. Anfang Dezem­ber erreichte Gold mit vorübergehend 2.146 US-Dollar pro Unze einen neuen Rekordwert. Mit 2.062 US-Dollar am Jahresende verteuerte sich eine Unze Gold im vier­ten Quartal um 11,6 Prozent. Aufgrund des stärkeren Euros fällt der Gewinn in Euro gerechnet mit einem Plus von 6,9 Prozent auf 1.869 Euro geringer aus.

Aktienmärkte

Die als Leitbörsen geltenden US-Aktienmärkte entfern­ten sich im Oktober zunächst weiter von den Ende Juli markierten Hochs. Mit Spannung wurden die Quartals­ergebnisse der „Glorreichen Sieben“ erwartet, weil die sieben großen US-Technologiekonzerne inzwischen in den wichtigsten Aktienindizes und vielen Anlegerportfoli­os ein hohes Gewicht haben. Während Microsoft und Amazon mit ihren Quartalsergebnissen überzeugen konnten, wurden die Verlautbarungen von Alphabet und Meta mit etwas Enttäuschung aufgenommen, was eine höhere Volatilität der Technologieaktien zur Folge hatte.

Der Aktienkurs von Tesla, der im Oktober mehr als ein Viertel seines Wertes verloren hatte, holte über die Hälf­te dieses Rückgangs wieder auf. Die Apple-Aktie, die seit August von ihrem Rekordhoch rund 15 Prozent ein­gebüßt hatte, erreichte im Dezember sogar ein neues Allzeit-Hoch. Die mit Spannung erwarteten Quartalser­gebnisse des KI-Chip-Herstellers Nvidia fielen sehr gut aus, wurden aber aufgrund des durch die Technologie­exportbeschränkungen nach China vorsichtigen Aus­blicks nicht euphorisch aufgenommen. Getragen von der Erwartung mehrerer Leitzinssenkungen im Jahr 2024 erlebte die Wallstreet in den beiden letzten Mona­ten eine Jahresendrallye. Der populäre Dow Jones In­dustrial Average, der noch im Oktober gegenüber dem Jahresbeginn leicht im Minus gelegen hatte, kletterte erstmals in seiner Geschichte auf über 37.000 Punkte und beendete das Jahr mit einem neuen Rekordstand bei 37.689,5 Zählern – ein Anstieg im vierten Quartal von 12,5 Prozent. Der als repräsentativer geltende S&P-500-Index näherte sich seinem alten Rekord bis auf wenige Punkte und beendete das Quartal mit einem Plus von 11,2 Prozent bei 4.769,8 Zählern.

Etwas stärker zeigte sich der Nasdaq-100-Index, der noch intensiver von den großen US-Technologieaktien dominiert wird. Er gewann im Berichtszeitraum 13,6 Prozent und kam auf 16.826 Punkte. Auch Marktseg­mente, die sich zuvor auffallend schwach entwickelt hat­ten, erholten sich im vierten Quartal. So drehte der US-Nebenwerteindex Russell-2000 nach seinem Jahrestief Ende Oktober nach oben und beendete das Quartal mit einem Anstieg von 13,6 Prozent und der Nasdaq Bio­tech-Index verzeichnete immerhin ein Plus von 10,5 Prozent.

Auch die europäischen Aktienmärkte drehten nach ei­nem schwachen Oktober in den beiden letzten Monaten des Jahres nach oben. Ohne die anhaltende Talfahrt des DAX-Wertes Bayer wäre insbesondere die Bilanz des DAX noch besser ausgefallen. Aber im November fiel die Aktie des Pharma- und Agrarchemiekonzerns angesichts anhaltender Belastungen durch Glyphosat-Schadensersatzurteile in den USA und einer gescheiter­ten Medikamentenentwicklung auf den tiefsten Stand seit 2006.

Das konnte die Jahresendrallye aber auch hierzulande nicht verhindern. Der Euro-STOXX-50, der im Oktober bis auf rund 4.000 Zähler zurückgefallen war, stieg bis zum Jahresende auf 4.521,7 Punkte – ein Anstieg von 8,3 Prozent im vierten Quartal. Den Deutschen Aktienin­dex (DAX) führte die Rallye Mitte Dezember kurzzeitig auf über 17.000 Punkte. Mit 17.003,28 Zählern wurde ein neuer Rekordstand markiert. Der DAX beendete das Jahr bei 16.751,6 Punkten, was für das vierte Quartal ein Plus von 8,9 Prozent bedeutet. Höhere Kursgewinne verzeichneten einige kleinere europäische Aktienmärk­te, darunter Polen, wo die Wahl des proeuropäischen Politikers Donald Tusk die rechtsnationale Regierung ablöste, was die Börsen mit Kursgewinnen quittierten. Der CECE-Index für die zentraleuropäischen Aktien­märkte stieg im vierten Quartal um 19,9 Prozent.

Der japanische Aktienmarkt setzte im Schlussquartal die seit Mitte des Jahres gezeigte Seitwärtsbewegung fort. Der Nikkei-225-Index konnte nicht über 33.750 Zähler steigen und schloss das Jahr mit 33.464 Punkten ab. Für das vierte Quartal bedeutet dies einen Anstieg um 5,0 Prozent. Der repräsentativere Topix kam dage­gen nur auf ein Plus von 1,9 Prozent. Die japanische Notenbank stemmte sich weiterhin gegen höhere Zin­sen und kaufte Staatsanleihen auf. Japan ist das einzi­ge Land unter den Industrieländern, in dem die Anleihe­renditen unter der Inflationsrate liegen, was einen nega­tiven Realzins bedeutet. Gleichzeitig zeigte die japani­sche Volkswirtschaft Anzeichen für eine rückläufige wirt­schaftliche Aktivität. Nicht wenige Beobachter erwarten für 2024 eine bessere Entwicklung.

Entgegen dem internationalen Trend blieb die Entwick­lung der chinesischen Aktienmärkte schlecht. Die meisten chinesischen Aktienindizes stehen tiefer als auf dem Tiefpunkt der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020. In Hongkong unterschritt der Hang Seng Index zeitwei­lig die Marke von 16.000 Punkten und beendete das Quartal mit einem Minus von 4,3 Prozent bei 17.047 Zählern. Hintergrund ist ein weitreichender Vertrauens­verlust in das Regime in Peking und seine Fähigkeit, die wirtschaftlichen Probleme im „Reich der Mitte“ zu be­wältigen. Vor allem auf den chinesischen Immobilien­märkten gibt es Schieflagen und Konkurse.

Die Aktienmärkte Lateinamerikas schlossen sich da­gegen dem internationalen Aufwärtstrend an. Nach ei­ner Konsolidierung der brasilianischen Börse im dritten Quartal ging es mit dem Bovespa Index im Abschluss­quartal um 15,4 Prozent aufwärts. Der mexikanische IPC Index verzeichnete für den gleichen Zeitraum einen Anstieg um 11,2 Prozent.

Die Aktienkurse der Goldminenbetreiber profitierten erwartungsgemäß überproportional vom Anstieg des Goldpreises. Der FT Goldmines Branchenindex konnte im vierten Quartal einen Gewinn in Höhe von 1,2 Pro­zent erzielen.

Bericht als PDF downloaden

Bericht für das 3. Quartal 2023

Auch im dritten Quartal blieb der anhaltende Anstieg der Zinsen der Belastungsfaktor für die Börsen. Angesichts mäßiger Konjunkturaussichten überwogen nicht nur an den Anleihemärkten, sondern auch an den Aktienmärkten Kursrückgänge.

Konjunktur, Inflation und Leitzinsen

Bereits der Auftakt in das zweite Börsenhalbjahr war von Spekulationen um die weitere Geldpolitik der US-amerikanischen Notenbank Fed im weiteren Jahres-verlauf geprägt. Die Erwartung weiterer Leitzins-erhöhungen wurde zunächst durch das veröffentlichte Protokoll der voraus-gegangenen US-Notenbanksitzung und starke Arbeitsmarktdaten bestärkt. Später sprachen auch robuste Konjunktur-daten dafür, dass die USA an einer harten Rezession vorbeikommen, also eher das Szenario eines sogenannten Soft Landing erleben. Positiv wurde der Rückgang der Inflation aufgenommen. Die US-Inflationsrate lag für den Juni bei 3,0 Prozent, die Kernrate bei 4,8 Prozent. Weil sich die Notenbanker nicht auf nächste Zinserhöhungen festlegten, wurde die Leitzins- erhöhung am 26. Juli um 25 Basispunkte auf 5,25 bis 5,5 Prozent für die Funds Rate positiv aufgenommen.

Insbesondere an der Wallstreet hofften Anleger, dass die beschlossene elfte Zinserhöhung die letzte dieses Zinszyklus gewesen sein könnte. Die US-Arbeitsmarktdaten, von denen man sich einen Hinweis darauf erwartet hatte, fielen nicht eindeutig aus. Erstmals stieg die US-Inflationsrate wieder leicht an, und zwar auf 3,2 Prozent für Juli. Die Fed beließ im September zwar wie von den Kapitalmärkten erhofft ihre Leitzinsen unverändert, betonte aber zugleich ihre Ent-schlossenheit, weiter das erklärte Zwei-Prozent-Ziel bei der Inflation anzustreben. Hierzu könnte eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr erfolgen. Zudem dürften etwaige Zinssenkungen 2024 geringer ausfallen als bislang erwartet.

Dies enttäuschte die vorherrschenden Hoffnungen und hatte stärkere Kursverluste an den Aktien- und Rentenmärkten zur Folge. Während sich die Konjunktur in den USA robust entwickelte, zeigte die konjunkturelle Entwicklung in Europa und China Schwächen. Die Sorgen um die chinesische Wirtschaft verstärkten sich angesichts der Pleite großer nationaler Immobilienkonzerne. Die Hoffnung auf tragfähige Wachstumsimpulse nach dem Ende der Corona-Lockdowns wurde enttäuscht.

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte ihre Leitzinsen im Berichtszeitraum zweimal. Beide Schritte, einer am 27. Juli und der nächste am        14. September um jeweils 25 Basispunkte, waren mehrheitlich so erwartet worden. Der Haupt-refinanzierungssatz erreichte 4,5 Prozent und somit den höchsten Stand seit August 2001. Die Einlagefazilität, also die Zinsen, die Geschäfts-banken für ihr Guthaben bei der Zentralbank erhalten, wurde mit 4,0 Prozent sogar auf ein neues Rekordniveau in der Geschichte der EZB erhöht. Der alte Rekord hatte von Oktober 2000 bis Mai 2001 bei 3,75 Prozent gelegen. Auch hier stützten sich die Börsen zunächst auf die Hoffnung, dass nach zehn Zinsschritten ein Ende der Erhöhungen erreicht sein sollte.

Renten, Währungen und Rohstoffe

Auch die Anleihemärkte starteten mit Kurs-verlusten in das zweite Halbjahr. Die Renditen von Staatsanleihen kletterten unter Schwankungen auf neue Hochs. Im August überstieg die Rendite von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit das alte Zehn-Jahres-Hoch vom vergangenen Oktober und erreichte damit den höchsten Stand seit 2009. Zum Kursrückgang der US-Anleihen, der um-gekehrt steigende Renditen zur Folge hat, trug auch die Herabstufung der US-Bonität durch die Ratingagentur Fitch bei. Die Experten der Agentur stuften die Qualität der USA als Schuldner von AAA auf AA+ zurück, gleichsam von „sehr gut“ auf „zwei plus“. Die Ratingagentur Standard & Poors hatte diesen Schritt bereits Anfang August 2011 vollzogen. Hintergrund der Herabstufung ist die sehr hohe und schnell weiterwachsende Staats-verschuldung der USA, die immer wieder eine Anhebung der selbstauferlegten Schuldenober-grenze notwendig macht.

Im September kletterte die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen auf über 4,6 Prozent und damit den höchsten Stand seit 2007. Sie beendete das Quartal schließlich nur knapp darunter bei 4,55 Prozent, was einen Anstieg um 73 Basispunkte (also 0,73 Prozentpunkte) seit Mitte des Jahres bedeutet. Die entsprechende Rendite deutscher Bundesanleihen stieg zeitweilig über 2,9 Prozent, das höchste Niveau seit Sommer 2011, und beendete das Quartal mit einem Anstieg um 46 Basispunkte bei 2,85 Prozent. Der Bund-Future, der die Kursentwicklung deutscher Bundes-anleihen an der Terminbörse angibt, hatte Mitte des Jahres bei 133,7 Zählern gestanden. Er rutschte in den letzten Septembertagen unter 128 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit zwölf Jahren. Ein Kurs von 128,5 Zählern Ende Oktober bedeutet für das Quartal einen Verlust von 3,9 Prozent.

An den Devisenmärkten litt der US-Dollar bis Mitte Juli unter der Leitzinserhöhungspause der US-Notenbank aus dem Juni. Der kleiner werdende Zinsvorteil der US-Währung ließ den Euro bis auf gut 1,12 US-Dollar pro Euro steigen. Damit erreichte die europäische Gemeinschafts-währung zwischenzeitlich den höchsten Stand seit über einem Jahr. In der zweiten Julihälfte begann der US-Dollar einen Aufwärtstrend, der von der Erwartung weiterer Leitzinsanhebungen in den USA gestützt wurde. Bis Ende Oktober führte dieser Abwärtstrend den Euro auf 1,057 US-Dollar, womit die europäische Gemeinschaftswährung alle zwischenzeitlichen Gewinne seit März wieder verlor. Für das Quartal bedeutet das einen Anstieg des US-Dollars gegen Euro um 3,1 Prozent. Dass es sich dabei eher um eine Dollar-Stärke als eine Euro-Schwäche handelt, zeigt sich beim Blick auf den japanischen Yen. Dessen Wechselkurs zum Euro veränderte sich nur wenig, aber gegen US-Dollar verlor der Yen 3,5 Prozent auf 149,3 Yen pro US-Dollar.

Damit näherte sich der US-Dollar in japanischen Yen wieder der Marke von 150 Yen, die ein Mehr-Jahres-Hoch markiert. Bis in den Sommer hinein standen die Währungen der Türkei und Russlands aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in beiden Ländern weiter unter Abwertungsdruck. Beide Notenbanken stemmten sich mit deutlichen Zinserhöhungen dagegen. Die türkische Zentralbank erhöhte ihren Repo-Zinssatz im August um 7,5 und im September um weitere 5 Prozentpunkte auf schließlich 30 Prozent. Die russische Zentralbank erhöhte ihren Schlüsselsatz im August um 3,5 Prozentpunkte und im September um einen weiteren Prozentpunkt auf 13,0 Prozent. Beiden Notenbanken gelang es damit zumindest, den Abwärtstrend ihrer Währungen zu bremsen. Für eine Erholung von den hohen Verlusten reichte es dagegen nicht.

Turbulenter blieb es bei den Kryptowährungen. Mitte Juli fiel das Urteil im Prozess, den die US-Wertpapieraufsicht SEC gegen das Unternehmen Ripple Labs angestrengt hatte. Entgegen der Ansicht der SEC, die das strenge Wertpapierrecht auf Kryptowährungen anwenden will, entschied die zuständige Richterin, dass die von Ripple Labs herausgegebene Kryptowährung XRP im Retail-Markt nicht als Wertpapier einzustufen ist. Der XRP-Wechselkurs schoss darauf um über 70 Prozent nach oben. Auch viele andere Kryptowährungen profitierten mit prozentual zweistelligen Kursgewinnen von der Einstufung, denn die SEC hat auch gegen andere Digital-währungen geklagt. Im weiteren Verlauf verloren die meisten Kryptowährungen im August wieder an Wert. Die Meldung, Elon Musks Weltraumfirma SpaceX habe offenbar ihre ganzen Bestände an Bitcoin verkauft, war nur ein zusätzlicher Belastungsfaktor. Wichtiger dürfte der anhaltende Zinsanstieg sein. Der Bitcoin beendete das Quartal mit einem Verlust von 11,3 Prozent bei gut 27.000 US-Dollar.

An den Rohstoffmärkten galt die Aufmerksamkeit vor allem dem Ölpreis. Das ganze Quartal war von einem Aufwärtstrend geprägt, der zur Jahresmitte begann, im August pausierte und erst in den letzten Tagen des Quartals gebrochen wurde. Die Preise für ein Barrel Öl stiegen für die Sorten Brent und WTI um 25,7 bzw. 22,4 Prozent auf 88,81 bzw. 92,18 US-Dollar. Angesichts des allgemeinen Preisanstiegs gelang es Russland, trotz der inter-nationalen Sanktionen einen höheren Preis für sein Öl zu erzielen. Zwar notiert die russische Ölsorte Urals seit Beginn des Vernichtungskriegs gegen die Ukraine mit einem deutlichen Abschlag, lag aber fast während des gesamten Quartals über der angestrebten Sanktions-Obergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel, zeitweilig sogar über 70 US-Dollar. Wegen des höheren Ölpreises stieg der Bloomberg Commodity Index im Berichtszeitraum um 3,3 Prozent. Der Kupferpreis schwankte im dritten Quartal in einer vergleichsweise engen Bandbreite und veränderte sich letztendlich kaum. Auch bei den Edelmetallen gab es wenig Preisveränderungen, wobei seit Mai die Hoffnungen der Investoren auf steigende Preise enttäuscht wurden. Dies führte zu einem sich selbst verstärkenden Angebotsdruck. Der Goldpreis in Höhe von 1.848 US-Dollar pro Unze zum Stand Ende September bedeutet für das dritte Quartal einen Rückgang um 3,7 Prozent. Aus Sicht eines in Euro rechnenden Anlegers wirkt der US-Dollar-Anstieg jedoch dämpfend, sodass sich in Euro nur ein Rückgang um 0,6 Prozent auf 1.749 Euro je Unze ergibt. Größter Belastungsfaktor für die Edelmetalle blieben die wieder höheren Zinsen. Silber verlor im dritten Quartal 2,6 Prozent auf 22,18 US-Dollar pro Unze, in Euro gerechnet entstand aufgrund der Dollar-Gewinne ein kleines Plus.

Aktienmärkte

Mitte des Jahres wandte sich die Aufmerksamkeit der Aktieninvestoren zunächst der sogenannten Berichtssaison zu, also der Veröffentlichung der Geschäftsergebnisse des abgelaufenen Quartals. Diese begann vielversprechend, als einige US-Großbanken mit ihren Ergebnissen des zweiten Quartals über den Erwartungen des Marktes lagen. Bei Tech-Aktien gab es Gewinnmitnahmen, insbesondere weil die Quartalsergebnisse von Netflix und Tesla enttäuschten. Meta und Nvidia litten etwas darunter, dass die Gewichte der höchstkapitalisierten Nasdaq-Aktien im Index herabgesetzt wurden. Mitte Juli erreichte der Nasdaq-100-Index 15.932 Punkte. Damit näherte er sich seinem Rekord aus dem November 2021 bei 16.764 Zählern bis auf rund fünf Prozent. Auf diesem Niveau mangelte es allerdings an Anschlusskäufen. Der Nasdaq-100 beendete das Quartal schließlich bei 14.715 Indexpunkten und somit mit einem Rückgang um 3,1 Prozent.

Der populäre Dow Jones Index profitierte zunächst vom überwiegend guten Auftakt der Berichtssaison im Juli. Er kletterte erstmals seit dem Frühjahr 2022 wieder auf über 35.000 Zähler und brach damit aus der Seitwärtsbewegung aus, in der er sich im bisherigen Jahresverlauf befunden hatte. Dem Dow Jones fehlten weniger als fünf Prozent bis zum alten Höchststand von Anfang 2022. Aber auch hier entstand kein neuer Aufwärtstrend. Vor allem die Sorge vor weiteren Leitzinserhöhungen drückte im August und September auf die Aktien-kurse. Der Dow Jones beendete das Quartal schließlich mit einem Rückgang um 2,6 Prozent bei 33.507 Punkten. Kleinere Aktien entwickelten sich weiterhin schlechter. Der Russell-2000-Nebenwerteindex verzeichnet im dritten Quartal einen Verlust von 5,5 Prozent.

Die europäischen Aktienmärkte setzten zunächst ihre seit April bestehende Seitwärtsbewegung fort. So gelang dem Euro-STOXX-50 bis zur letzten Juliwoche kein dauerhafter Anstieg über die Marke von 4.400 Punkten. Der Deutschen Aktienindex (DAX) erlitt in der ersten Juliwoche einen Schwächeanfall, der den Index bis auf rund 15.500 Zähler zurückführte. Danach erholte sich der DAX rasch wieder auf Werte über 16.000 Punkte und kletterte bis Ende Juli auf sein bisheriges Jahreshoch bei 16.529 Zählern.

Ab August belastete der anhaltende Zins- und Renditeanstieg auch die europäischen Aktienmärkte. Der Euro-STOXX-50 beendet das Quartal schließlich bei 4.174,7 Punkten und damit 5,1 Prozent tiefer als zur Jahresmitte. Beim DAX bedeutet ein Wert von 15.386,6 Zählern Ende September einen Rückgang um 4,7 Prozent.

TecDAX und MDAC schnitten mit Verlusten von 5,7 bzw. 5,6 Prozent noch schlechter ab. Von den größeren europäischen Märkten konnte sich allein die Börse London der schwächeren Tendenz entziehen. Der FTSE-100-Index schloss die drei Monate am 30. September mit einem kleinen Anstieg um 1,0 Prozent bei 7.608 Punkten ab.

Der japanische Aktienmarkt hatte Probleme, an seine hohen Kursgewinne aus den Vormonaten anzuknüpfen. Allein von Anfang Mai bis Mitte Juni war der japanische Nikkei-225-Index von rund 29.000 Zählern um über 16 Prozent auf 33.773 Punkte gestiegen, den höchsten Stand seit über 30 Jahren. Im Juli blieben größere Anschlusskäufe aus und der japanische Aktienmarkt begann mit einer Konsolidierung der Kursgewinne, wobei sich der Index der Marke von 31.000 Zählern näherte. Ein Belastungsfaktor war die Geldpolitik der Notenbank. Die Bank of Japan (BoJ) gab ihre Obergrenze von 0,5 Prozent bei der Rendite zehnjähriger Staatsanleihen auf. Ein weiterer negativer Einfluss kam von der konjunkturellen Schwäche in China, über das Japan einen großen Teil seines Außenhandels abwickelt. Der Nikkei-225-Index beendete das Quartal mit einem Rückgang um 4,0 Prozent bei 31.858 Punkten.

Deutlich schlechter blieb die Kursentwicklung der chinesischen Börsen. Vor allem die Krise auf dem Immobilienmarkt drückte auf die Stimmung der Anleger. Große chinesische Imobilienkonzerne kämpfen gegen die Pleite. Der Hang Seng Index der Börse in Hongkong verlor 5,9 Prozent und der Shanghai B Share Index sogar 11,5 Prozent.

Die Aktienmärkte Lateinamerikas konnten sich vom schwächeren internationalen Trend ebenfalls nicht abkoppeln. Nachdem sich die brasilianische Börse in Sao Paulo zuvor deutlich erholt hatte, verlor den Bovespa-Index im dritten Quartal 2,3 Prozent. Der mexikanische IPC Index verzeichnete für den gleichen Zeitraum einen Rückgang um 3,3 Prozent.

Die Aktienkurse der Goldminenbetreiber litten weiterhin überproportional unter dem Rückgang des Goldpreises. Der FT Goldmines Branchenindex schloss das dritte Quartal mit einem Verlust von 13,1 Prozent ab.

Bericht als PDF downloaden