Bericht für das 2. Quartal 2023

Nachdem die Bankenkrise im März ein wichtiges Thema an den Börsen war, traten diese Sorgen im Laufe des zweiten Quartals zunehmend in den Hintergrund. Im Brennpunkt stand für die Kapitalmärkte die Frage, ob, wann und wie stark die restriktive Geldpolitik der Noten­banken die Konjunktur in eine Rezession führen wird.

Konjunktur, Inflation und Leitzinsen

Die kriselnde First Republic Bank wurde durch die US-Großbank JP Morgan übernommen, womit es in den USA gelang, eine Ausweitung der Bankenkrise zu ver­hindern. Im Mai lastete dann der politische Streit um die US-Staatsschuldenobergrenze auf den Börsen, auch wenn ein Kompromiss zwischen den Parteien, wie un­zählige Male zuvor, als wahrscheinlich galt.

Tatsächlich wurde auch diesmal die Zahlungsunfähig­keit des größten Schuldners der Welt, der Vereinigten Staaten von Amerika, durch eine Anhebung der Schul­denobergrenze abgewendet. Die Aufmerksamkeit der Börsen konnte sich dann wieder den Themen Leitzinsen und Konjunktur zuwenden. Erwartungsgemäß erhöhten Anfang Mai die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen jeweils um 25 Basis­punkte. Die Fed Funds Rate erreichte mit nunmehr acht Zinserhöhungen seit März 2022 die Bandbreite 5,00 bis 5,25 Prozent.

Zudem bauen die Notenbanken in großem Umfang die in den vergangenen Jahren zur Stützung gekauften Be­stände an Staatsanleihen wieder ab, was den Märkten weitere Liquidität entzieht, das sogenannte Quantitative Tightening (QT). Zwar legte die US-Notenbank, wie mehrheitlich erwartet, im Juni eine Pause bei ihren Leit­zinserhöhungen ein. Allerdings bereitete sie die Kapital­märkte darauf vor, in diesem Jahr gegebenenfalls ihre Leitzinsen erneut zweimal anzuheben.

Die Europäische Zentralbank (EZB) pausierte dagegen nicht und erhöhte ihre Leitzinsen Mitte Juni noch einmal um je einen Viertel Prozentpunkt. Der Hauptrefinanzie­rungssatz erreichte damit erstmals seit 2008 wieder 4,0 Prozent. Der Spitzenrefinanzierungssatz lag seit Juni 2014 stets 25 Basispunkte darüber und wurde folgerich­tig auf 4,25 Prozent erhöht.

Umgekehrt erhalten Geschäftsbanken für ihre Guthaben bei der Zentralbank wieder 3,5 Prozent Zinsen. Dies ist die höchste Verzinsung seit 2001. Im Zinserhöhungszy­klus von 2005 bis 2008 hatte die EZB auch in der Spitze nicht mehr als 3,25 Prozent gezahlt. Trotzdem rechnen die Märkte damit, dass dieser Zinszyklus nochmal et­was höhere Leitzinsen bringen wird, denn auch die eu­ropäischen Zentralbanker erhöhten ihre Inflationspro­gnose und bereiteten die Märkte auf weitere Zinsschritte vor.

Renten, Währungen und Rohstoffe

Nachdem die wegweisende Rendite von US-Staatsan­leihen mit zehn Jahren Laufzeit Anfang März mit 4,09 Prozent den höchsten Stand seit November markiert hatte, waren die Zinsen unter dem Eindruck der Proble­me im Bankensektor im März deutlich gefallen. In den ersten Apriltagen fiel die Rendite auf nur 3,25 Prozent – den tiefsten Stand seit September vergangenen Jahres. Dann setzte sich allerdings die Auffassung durch, dass die US-Notenbank in den nächsten Monaten wohl ihre Leitzinsen weiter erhöhen wird.

Die Rendite kehrte darauf in die Bandbreite von 3,3 bis 3,9 Prozent zurück. Zur Jahresmitte lag sie bei 3,82 Prozent – 33 Basispunkte höher als drei Monate zuvor, aber immer noch 6 Basispunkte tiefer als bei Jahresbe­ginn. Der Renditeaufschlag von Anleihen mit 30 Jahren Laufzeit wurde noch kleiner. Sie rentierten Mitte des Jahres mit 3,86 Prozent.

Auch europäische Anleihen konnten mehrheitlich nicht an die Kursgewinne aus der ersten Märzhälfte anknüp­fen. Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanlei­hen kletterte wieder und blieb in der vergleichsweise en­gen Bandbreite von 2,2 bis 2,5 Prozent. Sie beendete das Halbjahr bei 2,39 Prozent. Der Bund-Future ver­zeichnet für das zweite Quartal des Jahres einen klei­nen Rückgang um 1,8 Prozent (auf 133,7 Prozent).

Die unterschiedlichen Leitzinsentscheidungen von Fed und EZB lösten Mitte Juni an den Devisenbörsen eine Erholung des Euros gegenüber dem US-Dollar aus, weil der Zinsvorteil der US-Währung kleiner wurde. Ende Mai hatte ein Euro in der Spitze nur noch 1,063 US-Dol­lar gekostet, im Monatsverlauf dann zeitweilig 1,10 US-Dollar. Mit 1,09 US-Dollar pro Euro blieb der Wechsel­kurs aber in der seit den ersten Wochen dieses Jahres gültigen Bandbreite von 1,05 bis 1,11 US-Dollar. Für das zweite Quartal ergibt sich somit lediglich ein Anstieg des Euro um 0,6 Prozent und von 1,9 Prozent für das erste Halbjahr. Schwach zeigte sich aufgrund des wachsen­den Zinsnachteils der japanische Yen. Er verlor im zwei­ten Quartal gegen US-Dollar 8,6 Prozent.

Die Aufwärtsbewegung bei Kryptowährungen aus dem ersten Quartal setzte sich zunächst nur bis Mitte April fort. Bei etwas mehr als 30.000 US-Dollar markierte der Bitcoin den höchsten Stand seit dem Kursrutsch im Juni vergangenen Jahres. Im April wurden die Digitalwährun­gen dann von der Insolvenz der Kryp­tobörse Bittrex in den USA belastet. Zudem verunsi­cherte der weltgrößte Krypto-Handelsplatz Binance den Markt für Digitalwährungen mit der wiederholten Ausset­zung von Auszahlungen. Als die US-Börsenaufsicht SEC im Juni Klage gegen Binance einreichte, zogen Kunden daraufhin binnen 24 Stunden fast 780 Millionen US-Dollar ab. Tags darauf reichte die SEC auch gegen den Kryptobörsenbetreiber Coinbase eine Klage wegen Verstößen gegen das US-Wertpapierrecht ein, weil die SEC Kryptowährungen nach dem Proof of Stake-Ver­fahren (PoS) als Wertpapiere einstuft. Als daraufhin der Neobroker Robinhood ankündigte, PoS-Währungen wie Cardano und Solana zum Monatsende aus seinem An­gebot zu nehmen, führte das bei diesen Digitalwährun­gen zu Wertverlusten von über 20 Prozent. In der zwei­ten Junihälfte kam es dennoch zu einer Kurserholung, weil mehrere große Akteure aus der traditionellen Fi­nanzbranche bekanntgaben, weiter in Richtung Digital­währungen zu expandieren. Der Bitcoin beendete das zweite Quartal schließlich mit einem Zuwachs von 8,4 Prozent bei rund 30.440 US-Dollar.

Mit den Rohstoffpreisen ging es im zweiten Quartal überwiegend abwärts. Die Preise für ein Barrel Öl san­ken für die Sorten Brent und WTI um 5,5 bzw. 6,7 Pro­zent auf 75,32 bzw. 70,64 US-Dollar. Daraus ergibt sich für das zweite Quartal ein Rückgang um rund 6 Prozent. Die russische Ölsorte Urals notiert seit Inkrafttreten der internationalen Sanktionen wegen des Angriffskriegs ge­gen die Ukraine mit einem deutlichen Abschlag. Im April wurde die angestrebte Obergrenze von 60 US-Dollar pro Barrel zwar zwischenzeitlich etwas überschritten, aber im Mai und Juni funktionierte sie wieder.

Der Kupferpreis sank im zweiten Quartal um knapp 7 Prozent und gab damit den Preisanstieg aus dem ers­ten Quartal wieder vollständig ab. Grund ist auch hier die schwächere Einschätzung der Weltkonjunktur im weiteren Jahresverlauf und im kommenden Jahr.

Der Bloomberg Commodity Index sank im Berichtszeit­raum um 3,8 Prozent. Fallende Preise erlebten auch Edelmetalle. Der Goldpreis hatte vor allem im März von der Bankenkrise und der damit verbundenen Hoffnung auf ein Ende des Zinsanstiegs profitiert. Anfang Mai scheiterte aber der Versuch, einen Aufwärtstrend ober­halb der alten Rekordhochs auszubilden. Zwar erreichte der Goldpreis kurzzeitig 2.081 US-Dollar pro Unze. Wie schon in den Jahren 2020 und 2022 überwog aber auf diesem Preisniveau die Verkaufsneigung, sodass der Goldpreis in einen leichten Abwärtstrend geriet, der im Juni die 1.900-US-Dollar-Marke berührte.

Der Preis von 1.920 US-Dollar pro Unze zur Jahresmitte bedeutet für das zweite Quartal einen Rückgang um 2,5 Prozent. Weil aus Euro-Sicht der Dollar-Rückgang um 0,6 Prozent hinzukommt, ergibt sich in Euro ein Rück­gang um 3,1 Prozent auf 1.760 Euro je Unze. Die Rück­kehr der Zinsen gilt als wichtigster Belastungsfaktor für das zinslose Gold. Prozentual stärker fiel der Preisrück­gang bei den anderen Edelmetallen aus. Silber verlor im zweiten Quartal 5,4 Prozent auf 22,78 US-Dollar pro Unze, Platin 9,2 Prozent und Palladium sogar 16,0 Pro­zent.

Aktienmärkte

Die Sorgen um eine möglicherweise eskalierende Ban­kenkrise traten zunehmend in den Hintergrund. An ihre Stelle traten wieder Zins- und Konjunktursorgen. Die Aussicht auf zunächst noch weiter steigende Leitzinsen bei einer gleichzeitigen Schwäche der Wirtschaft brems­te die Aktienmärkte. Positiv bleibt festzuhalten, dass Eu­ropas Wirtschaft deutlich besser durch den Winter kam als nach dem Bruch der Gaslieferverträge durch Russ­land 2022 befürchtet wurde.

Die Wallstreet honorierte schwächere Wirtschaftsdaten mit Kursgewinnen, weil damit die Hoffnung auf ein Ende der Fed-Leitzinserhöhungen größer wurde. Davon profi­tierten weiterhin die Aktien der großen Technologiekon­zerne, die seit Jahresbeginn einen größeren Teil ihrer Vorjahres-Kursverluste aufholen konnten. Unterbrochen wurde die Aufwärtsbewegung nur kurzzeitig, als sich der PC-Markt schwächer als erwartet entwickelte.

Die Veröffentlichung der Unternehmensergebnisse des ersten Quartals löste zwar bei vielen Aktien Kursreaktio­nen in die ein oder andere Richtung aus. So konnten die US-Großbanken hohe Gewinne vermelden. Größere Impulse für den Gesamtmarkt gingen davon aber nicht aus. Vielmehr konzentrierten sich Anleger auf relativ we­nige Technologie-Aktien, von denen sie sich auch bei ei­nem schwächeren Wirtschaftsumfeld Wachstum ver­sprechen.

Bevorzugt wurden insbesondere Aktien, die mit dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) in Verbindung ge­bracht werden. Der rasante technische Fortschritt in die­sem Bereich sorgte für Kursfantasie. Gute Quartalszah­len und ein starker Ausblick beim Chip-Designer NVIDIA übertrafen im Mai die Erwartungen des Marktes deutlich und lösten einen Kurssprung der Aktie aus. Im Juni überschritt der rechnerische Börsenwert des Unterneh­mens die Marke von einer Billion US-Dollar. Aufgrund des hohen Einflusses, den große Tech-Aktien wie Microsoft und Apple auf viele Aktienindizes haben, stie­gen diese weiter.

Die Masse der US-Aktien hat dagegen im laufenden Jahr kaum Kursgewinne vorzuweisen. Der S&P-500 schließt das zweite Quartal dank der großen Tech-Akti­en mit einem Plus von 8,3 Prozent ab, der Nasdaq-100-Index sogar mit 15,2 Prozent. Beim populären Dow Jo­nes Industrial Average fällt der Quartalszuwachs mit 3,4 Prozent auf 34.408 Zähler dagegen kleiner aus. Der US-Nebenwerteindex Russell-2000 schaffte im zweiten Quartal ein Plus von 4,8 Prozent.

An den europäischen Aktienbörsen setzte sich die Kurs­erholung im zweiten Quartal nur verlangsamt fort. Der Kursrückgang in der ersten Märzhälfte erwies sich als untergeordnete Korrektur, denn schon in der zweiten Monatshälfte waren diese Kursverluste in den meisten Fällen wieder aufgeholt. Im April erreichte der Euro-STOXX-50 erstmals wieder 4.400 Punkte und lag damit knapp unter den im November 2021 und Anfang 2022 erreichten Zehn-Jahres-Hochs. Für den europäischen Leitindex war das Quartal von einer Seitwärtsbewegung geprägt, denn oberhalb von 4.400 Punkten nahm die Verkaufsneigung vieler Anleger zu. Die Bereitschaft, noch in den Aktienmarkt einzusteigen, fiel dagegen ab. Letztendlich beendete der Euro-STOXX-50 das zweite Quartal mit einem Plus von 1,9 Prozent bei 4.399 Zäh­lern.

Dabei ist allerdings zu bedenken, dass dem Kursindex die Dividendenzahlungen vorenthalten werden, was bei einer Dividendenrendite von rund 3 Prozent den Rück­stand gegenüber Performanceindizes erklärt, bei denen die Dividenden eingerechnet werden. So kommt der Deutschen Aktienindex (DAX) nur dank der zahlreichen im zweiten Quartal gezahlten Dividenden auf einen An­stieg von 3,3 Prozent. Der DAX näherte sich bereits im April der Marke von 16.000 Punkten, überwand sie im Mai und markierte im Juni bei 16.427 Zählern ein neues Rekordhoch.

Auffällig gut entwickelte sich weiterhin der griechische Aktienmarkt. Die volkswirtschaftlichen Rahmendaten haben sich nach der Staatsschuldenkrise deutlich ver­bessert und die griechischen Unternehmen entwickeln sich mehrheitlich gut. Der Athex Composite Index der Börse in Athen stieg im zweiten Quartal um 21,2 Pro­zent.

Außerhalb Europas zeigte der japanische Aktienmarkt auffallende relative Stärke. Angesichts seiner günstigen Bewertung, der Schwäche der japanischen Währung und verbesserter Aussichten für die japanische Wirt­schaft nahm das Interesse von Anlegern an japanischen Aktien deutlich zu. Der Nikkei-225-Index stieg vor allem im Mai deutlich, überwand dabei die Hochs der vergan­genen Jahre und erreichte mit über 33.000 Punkten den höchsten Stand seit 1990. Der Indexstand von 33.189 Zählern zur Jahresmitte bedeutet für das zweite Quartal ein Plus von 18,4 Prozent. Der besser strukturierte To­pix Index weist für den gleichen Zeitraum einen Zu­wachs von 14,2 Prozent aus.

Die chinesischen Aktienmärkte litten unter den nun wie­der schwächeren Konjunkturaussichten. Der Hang Seng Index verlor im zweiten Quartal 7,3 Prozent und der Hang Seng China Enterprise (HSCE) 7,8 Prozent. Bes­ser schnitten weiterhin die Börsen Seoul (Südkorea) und Taipeh (Taiwan) ab. Der südkoreanische KOSPI stieg im Berichtszeitraum um 3,5 Prozent und der Tai­wan Weighted Index um 6,7 Prozent. Der indische Akti­enmarkt verzeichnete nach der Konsolidierung im ers­ten Quartal nun wieder Kursgewinne. Der BSE Sensex der Börse in Mumbai lag im zweiten Quartal 9,7 Prozent höher.

Sehr differenziert blieb auch die Kursentwicklung an den Aktienmärkten Lateinamerikas. Die brasilianische Börse in Sao Paulo erlebte nach zwei Quartalen in Folge mit schwächerer Performance eine Erholungsrallye. Der brasilianische Bovespa-Index beendete das zweite Quartal mit einem Anstieg um 16,8 Prozent, während der mexikanische IPC Index auf der Stelle trat.

Die Aktienkurse der Goldminenbetreiber litten unter der Schwäche des Goldpreises. Der FT Goldmines Bran­chenindex verzeichnet im zweiten Quartal einen Rück­gang um 6,6 Prozent.

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Bericht für das 1. Quartal 2023

In der Erwartung, dass der Inflations- und auch der Zinsanstieg im weiteren Jahresverlauf beendet und sogar umgekehrt werden könnten, begann das Jahr mit Kursgewinnen an den Aktien- und Anleihe-märkten. Im Februar wurden diese Hoffnungen kleiner und im März wurde eine neue Bankenkrise zum beherrschenden Thema an den Kapitalmärkten.

Konjunktur, Inflation und Leitzinsen

Die Kapitalmärkte beschäftigten sich in den ersten Wochen des neuen Jahres vor allem mit solchen Fragen, wie sich Konjunktur, Inflation und Zinsen weiterentwickeln. Seit Sommer des vergangenen Jahres hatte die Sorge um sich gegriffen, die Weltwirtschaft stehe vor einem starken Abschwung und viele Volkswirtschaften somit vor einer Rezession, also einer Phase von mindestens einem halben Jahr mit rückläufiger Wirtschaftsleistung. Nicht zuletzt die schnellen und weitreichenden Leitzinserhöhungen durch die Notenbanken befeuerten diese Befürchtungen.

Allerdings wurden Ängste, der Konjunkturabschwung führe in eine schwere Rezession, kleiner. Vor allem aus den USA und Japan kamen in den ersten Wochen des Jahres Signale für eine robuste Entwicklung. Und für China sollten aus dem plötzlichen Ende der strengen Lockdown-Politik positive Impulse erwachsen. In Europa zeichnete sich unterdessen ab, dass eine schwerere Energiekrise trotz des Gaslieferstopps aus Russland verhindert werden konnte. Die milde Witterung und Sparmaßnahmen ließen den Energieverbrauch zurückgehen.

Die mit Spannung erwarteten US-Inflationszahlen für Dezember entsprachen den vorherrschenden Erwartungen und lieferten deshalb kaum neue Impulse. Im Dezember lagen die Verbraucherpreise in den USA 6,5 Prozent über dem Vorjahresniveau. Die Kerninflationsrate fiel ebenfalls wie erwartet von 6,0 auf 5,7 Prozent. Erst in der dritten Woche des Jahres sorgten Daten zur Industrieproduktion und den Einzelhandelsumsätzen für Ernüchterung, zeigten sie doch eine Abschwächung der US-Konjunktur. Trotzdem erhöhte die US-Notenbank Federal Reserve, kurz Fed, die Spanne für ihren wichtigsten Leitzins, die Federal Funds Rate, Anfang Februar um 0,25 Prozentpunkte auf 4,50 bis 4,75 Prozent. Dies war die achte US-Leitzinserhöhung seit März vergangenen Jahres, allerdings nicht die letzte. Auch die EZB-Zinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte und die Ankündigung weiterer Zinsschritte entsprachen den Erwartungen. Erst als die im Februar veröffent-lichten US-Arbeitsmarktdaten gut ausfielen, führte das zu Kursverlusten an den Börsen, weil der starke Beschäftigungsanstieg für eine anhaltend hohe Inflation und damit weitere Zinserhöhungen sprach. Auch der in der ersten Monatshälfte steigende Ölpreis bestärkte Inflations- und Zins- sorgen, zumal die US-Inflation für den Januar mit 6,4 Prozent bekannt gegeben wurde. Mehrheitlich war ein stärkerer Rückgang der Teuerung erwartet worden. Wichtige Vertreter der Notenbanken auf beiden Seiten des Atlantiks machten deutlich, dass sie an ihrem Zinserhöhungskurs festhalten. Daraufhin gab es sowohl an den Anleihe- als auch an den Aktienmärkten Gewinnmitnahmen.

Im März wurde eine neue Bankenkrise zum beherr-schenden Thema an den Kapitalmärkten. Trotzdem verzichteten weder die Fed noch die EZB auf weitere Leitzinserhöhungen. Das Ziel der Inflations-bekämpfung werde nicht aufgegeben. Es wurde beteuert, das Bankensystem sei stabil und die Versorgung der Kreditinstitute mit Liquidität durch zusätzliche Maßnahmen gesichert. Die EZB erhöhte ihre Leitzinsen Mitte März um je 50 Basispunkte. Der Hauptrefinanzierungssatz stieg damit auf 3,5 Prozent. Er gilt als wichtigster Euro-Leitzins.

Zum Hauptrefinanzierungssatz können Geschäfts-banken den größeren Teil ihres Liquiditätsbedarfs bei der Zentralbank refinanzieren.

Der Spitzenrefinanzierungssatz stieg auf 3,75 Prozent und blieb damit, wie seit 2014 üblich, einen Viertelprozentpunkt höher. Der Einlagenzinssatz der EZB, mit dem sie Guthaben der Geschäftsbanken verzinst, wurde von 2,5 auf 3,0 Prozent angehoben. Wenige Tage später hob die Fed ihren Leitzins auf 4,75 bis 5,00 Prozent an. Und auch andere Noten-banken erhöhten ihre Leitzinsen zur Inflations-bekämpfung weiter, so die Schweizerische Nationalbank (SNB) auf 1,5 Prozent und die Bank of England auf 4,25 Prozent.

Beiderseits des Atlantiks gibt es keine historischen Vorbilder für einen so raschen und starken Anstieg der Zinsen, zumal das Ausgangsniveau ungewöhn-lich niedrig war. Die schnelle Abfolge größerer Zinserhöhungen stellt die Märkte vor eine bislang unbekannte Belastungsprobe.

Renten, Währungen und Rohstoffe

Die Rentenmärkte erlebten einen guten Jahresauftakt. Durch Kursgewinne fiel die Rendite der als Maßstab geltenden US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit von 3,88 Prozent zum Jahreswechsel bis auf 3,37 Prozent Mitte Januar. Der Bund-Future, der die Kursentwicklung deutscher Bundesanleihen widerspiegelt, stieg von 132,8 auf 140,6 Punkte. Im Februar erlebten die Rentenmärkte dann aber eine verlustreiche Gegenbewegung. Die Ankündigungen weiterer Zinserhöhungen ließen die zehnjährige US-Rendite bis Anfang März auf 4,09 Prozent steigen und den Bund-Future bis auf 131,5 Punkte fallen.

Mit dem Beginn der Bankenkrise kam es dann bis Mitte März zu einem Rückgang der Marktzinsen. So kehrte die Rendite der zehnjährigen US-Staats-anleihen in die Bandbreite von 3,4 bis 3,6 Prozent zurück. Weil die raschen und in Summe hohen Leitzinserhöhungen als eine Ursache der Banken-krise galten, rechnete der Markt damit, dass die großen Notenbanken nun das Tempo ihrer Leitzins- erhöhungen zumindest verlangsamen würden, um die Stabilität des Finanzsystems nicht zusätzlich zu gefährden. Ende März lag die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen mit 3,49 Prozent 39 Basispunkte niedriger als zum Jahreswechsel. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sank im ersten Quartal um 29 Basispunkte auf 2,28 Prozent. Der Bund-Future verzeichnet für die ersten drei Monate des Jahres per saldo ein Plus von 2,6 Prozent (auf 136,2 Prozent).

Die Devisenmärkte zeigten sich im ersten Quartal ohne dramatische Entwicklungen. Der US-Dollar schwächte sich unter kleineren Schwankungen gegen Euro um 1,3 Prozent auf 1,084 US-Dollar je Euro und gegen japanischen Yen um 1,4 Prozent auf 132,8 Yen je US-Dollar ab. Wie schon im vierten Quartal setzte sich damit die für 2023 erwartete Verlangsamung des US-Zinsanstiegs durch, womit der Zinsvorteil des US-Dollars gegenüber Euro und Yen kleiner werden dürfte.

Bei Kryptowährungen kam es im Januar nach der Veröffentlichung des Inflationsrückgangs zu Kursgewinnen, während die anderen Märkte wenig auf die US-Inflationszahlen für Dezember reagierten. Im März führten die Pleiten der kalifornischen Banken Silvergate und Silicon Valley Bank kurzfristig zu Kursverlusten bei Digitalwährungen. Silvergate stellte für viele Kryptobörsen wichtige Dienste wie Echtzeit-Zahlungen zur Verfügung. Die Silicon Valley Bank finanzierte vor allem Hightech-Start-up-Unternehmen. Der gemeinsame Gegenwert der inzwischen rund 23.000 verschiedenen Digitalwährungen sank kurzzeitig unter eine Billion US-Dollar, erholte sich aber deutlich, als die US-Behörden den vollständigen Schutz der Kundeneinlagen bei den beiden Banken erklärten. Zudem half auch hier die Hoffnung auf eine weniger restriktive US-Geldpolitik. Letztendlich dürfte die Bankenkrise zur starken Kurserholung der Kryptowährungen maßgeblich beigetragen haben, weil diese sich originär als Alternative zum Finanzsystem der von Notenbanken gesteuerten Papierwährungen verstehen. Der Bitcoin-Wechsel-kurs stieg im ersten Quartal um 70 Prozent auf rund 28.100 US-Dollar.

An den Rohstoffmärkten blieb es vergleichsweise ruhig. Nachdem die Konjunktursorgen das Preisniveau im Sommer 2022 belastet hatten, veränderten sich die meisten Rohstoffpreise im ersten Quartal relativ wenig. Der Bloomberg Commodity Index fiel um 6,5 Prozent – vor allem wegen des Rückgangs beim Ölpreis. Ein Barrel der europäischen Ölsorte Brent kostete am Quartalsende mit knapp 80 US-Dollar 7,3 Prozent weniger als drei Monate zuvor. Der Kupferpreis setzte seine Erholung unter Schwankungen fort und kletterte im ersten Quartal um knapp 7 Prozent.

Bei den Edelmetallen konnte vor allem Gold von der Bankenkrise profitieren. Nachdem der Preis für eine Unze im Februar bis auf kaum mehr als 1.800 US-Dollar gesunken war, ging es angesichts der Sorgen um das Finanzsystem im März deutlich aufwärts. Für das erste Quartal ergibt sich ein Goldpreisanstieg um 8,0 Prozent auf 1.969 US-Dollar pro Unze. Der Aufwärtstrend dürfte somit schon im April die Rekordhochs aus den Jahren 2020 und 2022 bei 2.070 bzw. 2.075 US-Dollar testen.

Für einen in Euro rechnenden Anleger fiel der Goldpreisanstieg wegen des schwächeren Dollars mit plus 6,6 Prozent auf 1.816 Euro pro Unze kleiner aus. Die anderen Edelmetalle konnten dagegen nicht von der Krise profitieren. Der Silberpreis veränderte sich auf Dollar-Basis kaum (auf 24,07 US-Dollar pro Unze) und sacke in Euro leicht ab. Platin verlor 6,6 Prozent auf 997,50 US-Dollar pro Unze und bei Palladium setzte sich der bereits im vierten Quartal beobachtete Rückzug der Investoren mit minus 18,1 Prozent auf 1.467 US-Dollar pro Unze fort.

Aktienmärkte

Die Aktienmärkte erlebten einen guten Jahresauftakt, konnten dann aber nur teilweise an die Gewinne aus den beiden Auftaktwochen des Jahres anknüpfen. So kam es im ersten Quartal zu einer Umkehr von Trends, die das Vorjahr geprägt hatten. Während Öl-Aktien unter dem fallenden Ölpreis litten (MSCI World Energie minus 3,3 Prozent), erholten sich Technologieaktien in der Hoffnung auf ein Ende der rigiden Geldpolitik der Notenbanken (MSCI World Technologie plus 20,4 Prozent). Auch der von großen US-Technologiekonzernen wie Alphabet (Google) und Meta (Facebook) geprägte Index für Tele-kommunikationsdienstleister erholte sich im ersten Quartal überdurchschnittlich (nämlich um 17,2 Prozent).

Während die Verlautbarungen einiger großer US-Tech-Konzerne, darunter Apple und Amazon, verhalten aufgenommen wurden, weil das hohe Umsatz- und Gewinnwachstum der ver-gangenen Jahre nicht gehalten werden kann, überraschte Meta Anfang Februar positiv.

Im März beendete die Bankenkrise in den USA die Existenz mehrerer kleinerer Banken und in Europa einer der beiden schweizerischen Großbanken. Die Credit Suisse wird mittels einer Übernahme durch ihre Konkurrentin UBS gerettet. Aus Sorge vor einer Ausbreitung der Bankenkrise zogen sich Anleger auch aus anderen Bankaktien zurück, was dem MSCI World-Index für Finanztitel einen Rückgang von 1,7 Prozent im ersten Quartal bescherte, während der Gesamtindex ein Plus von 7,2 Prozent schaffte.

Weil die Bankenkrise die Kreditbedingungen weiter verschärfen dürfte, wird von ihr eine dämpfende Wirkung auf die Konjunktur erwartet. Deshalb gaben Aktien aus konjunkturempfindlichen Sektoren bis zum Quartalsende einen Teil ihrer Kursgewinne wieder ab, beispielsweise Aktien aus der Rohstoffbranche. Beim MSCI Weltaktienindex für die Branche Grundstoffe verblieb ein Plus von 5,0 Prozent.

Der Dow Jones Industrial Average rutschte im März auf den tiefsten Stand seit Oktober und beendete das Quartal nur dank einer Kurserholung in der letzten Märzwoche lediglich 0,4 Prozent höher als zu seinem Stand am Jahreswechsel. Von der Hoffnung auf ein Ende der Leitzinserhöhungen getragen legte der Nasdaq-100-Index im Verlauf der drei Monate 20,5 Prozent zu und beendete das erste Quartal mit einem neuen Jahreshoch bei 13.181 Zählern – immerhin dem höchsten Wert seit August des Vorjahres. Die Masse der kleineren US-Aktien vermochte dem kaum zu folgen. Der S&P-500-Index kommt für das erste Quartal auf ein Plus von 7,0 Prozent, der Neben-werte-Index Russell-2000 nur auf plus 2,3 Prozent. Und der Nasdaq Biotech Index verzeichnet sogar einen Quartalsrückgang um 2,1 Prozent.

In der Breite erholten sich die europäischen Aktienmärkte noch stärker als US-Aktien. Der Euro-STOXX-50 fiel allerdings unter dem Eindruck der Bankenkrise zeitweilig auf die Marke von 4.000 Punkten zurück, nachdem Anfang März noch ein neues Jahreshoch bei 4.324 Zählern erreicht worden war. Nur knapp darunter, bei 4.315 Punkten, beendete der Eurozonen-Leitindex das erste Quartal mit einem Plus von 13,7 Prozent.

Ähnlich gut entwickelten sich der französische CAC-40 (plus 13,1 Prozent) und der deutsche DAX (plus 12,2 Prozent). Mit den Euro-Aktienmärkten nicht mithalten konnten die Aktienmärkte Großbritanniens und der Schweiz, wo die Leitindizes FTSE-100 bzw. SMI das Quartal nur mit Zuwächsen von 2,4 bzw. 3,5 Prozent beenden konnten. In beiden Fällen belastete die Bankenkrise den Markt schwer. Im Endergebnis blieb somit der paneuropäische STOXX-50-Index mit einem Plus von lediglich 7,9 Prozent auf 3.941 Zähler wieder hinter dem Euro-STOXX-50 zurück.

An den asiatischen Aktienmärkten blieb die Entwicklung noch uneinheitlicher. Die Börse Tokio schüttelte das überraschende Zinssignal der japanischen Notenbank aus dem vorausgegangenen Quartal ab. Der Nikkei-225-Index gewann im ersten Quartal 7,5 Prozent auf 28.042 Punkte und der repräsentativere Topix-Index legte um 5,9 Prozent zu.

Die chinesischen Aktienmärkte profitierten von der belebten Wirtschaft nach dem Ende der Lockdown-Politik. Nach den entsprechend begründeten Kursgewinnen, vor allem im vergangenen November, ging es im ersten Quartal langsamer voran. Der Hang Seng Index stieg im ersten Quartal um 3,0 Prozent und der Hang Seng China Enterprise (HSCE) um 3,8 Prozent. Der MSCI China weist für das erste Quartal ein Plus von 5,1 Prozent aus. Höhere Kursgewinne waren dank der Erholung der Hochtechnologie-Aktien an den Börsen Seoul (Südkorea) und Taipeh (Taiwan) zu verzeichnen. Der südkoreanische KOSPI stieg im Berichtszeitraum um 10,8 Prozent und der Taiwan Weighted Index um 12,1 Prozent.

Am in den Vorjahren weit gestiegenen indischen Aktienmarkt gab es dagegen Kursrückgänge. Der BSE Sensex der Börse in Mumbai verlor im ersten Quartal per saldo 3,0 Prozent.

Sehr differenziert fiel auch die Kursentwicklung an den Aktienmärkten Lateinamerikas aus. Die brasilianische Börse in Sao Paulo blieb das zweite Quartal in Folge deutlich hinter dem mexikanischen Aktienmarkt zurück. Der brasilianische Bovespa-Index beendete das erste Quartal mit einem Rückgang um 7,2 Prozent (MSCI Brazil minus 6,9 Prozent), während der mexikanische IPC Index 10,1 Prozent gewann.

Die Aktienkurse der Goldminenbetreiber profitierten weiterhin vom steigenden Goldpreis. Der FT Goldmines Branchenindex verzeichnet im ersten Quartal einen Anstieg um 11,2 Prozent.

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