Bericht für das 3. Quartal 2024

Die Begeisterung der Aktienmärkte für das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ließ im dritten Quartal nach. Sorgen um die hohe Bewertung dieser Aktien im Spezi­ellen, um die Weltkonjunktur im Allgemeinen und die mögliche Eskalation von Kriegen führten zu hohen Kursschwankungen, als die Märkte Anfang August auf eine Leitzinserhöhung in Japan reagierten. Letztendlich stabilisierten die Notenbanken in Europa, den USA und in China mit einer Lockerung ihrer Geldpolitik die Lage.

Konjunktur, Inflation und Leitzinsen

Obwohl der Präsident der US-Notenbank, Jerome Po­well, zuvor einer raschen Leitzinssenkung noch eine Ab­sage erteilt hatte, starteten die Kapitalmärkte in dieser Frage zuversichtlich in das zweite Halbjahr. Positive Im­pulse gingen zunächst vom Arbeitsmarktbericht und dann vom Rückgang der Inflation aus. Doch bevor es im September tatsächlich zur ersten US-Leitzinssenkung seit viereinhalb Jahren kam, mussten die Börsen An­fang August noch kurze, aber heftige Turbulenzen über­stehen.

Die japanische Notenbank erhöhte ihren Leitzins über­raschend um 0,15 Prozentpunkte. Nach vielen Jahren einer sehr lockeren Geldpolitik signalisierte dieser kleine Schritt eine folgenschwere Veränderung für sogenannte Carry Trades. Die schrumpfende Zinsdifferenz zum US-Dollar und zum Euro ließ den Wechselkurs des japani­schen Yen steigen. Die bislang sehr günstige Kreditauf­nahme in Yen wurde somit gleich zweifach teurer. Zum einen durch höhere Zinskosten bei Yen-Krediten und zum anderen durch den Wechselkurs, wodurch für den gleichen Yen-Betrag mehr US-Dollar oder Euro zurück­gezahlt werden.

Viele Jahre lang war die Carry-Trade-Strategie erfolg­reich. Sie bestand darin, sich in Japan zu günstigen Konditionen Geld zu leihen und höher rentierlich in an­deren Währungsräumen, etwa den USA, zu investieren. Ein Teil der bestehenden Carry Trades wurde umge­hend aufgelöst. Das traf insbesondere auf die Fälle zu, in denen schon Nachschussforderungen für stark gehe­belte Positionen ausgelöst wurden. Aber die Lage stabi­lisierte sich rasch. Dazu dürfte die Aussicht auf die erste Leitzinssenkung durch die amerikanische Notenbank entscheidend beigetragen haben.

Die US-Inflationsrate sank erstmals seit Jahren unter die Drei-Prozent-Marke. Das internationale Notenban­ker-Treffen in Jackson Hole bestätigte vor diesem Hin­tergrund die Hoffnung der Kapitalmärkte auf eine Locke­rung der Geldpolitik. Fed-Präsident Powell sagte, dass die Zeit für sinkende Leitzinsen gekommen sei.

Am 12. September gab die Europäische Zentralbank (EZB) wie erwartet bekannt, ihre Einlagefazilität um 25 Basispunkte auf 3,50 Prozent zu senken. Dies ist der Zinssatz, den Geschäftsbanken auf ihre Guthaben bei der Zentralbank erhalten. Deutlicher fielen mit jeweils 60 Basispunkten (auf 3,65 bzw. 3,90 Prozent) die Zinssen­kungen bei den Refinanzierungssätzen aus, zu denen sich Geschäftsbanken Geld bei der EZB leihen können.

Am 18. September gab auch die US-Notenbank ihre Zinsentscheidung bekannt. Die erste Zinssenkung seit viereinhalb Jahren fiel mit einem halben Prozentpunkt hoch aus, was die Kapitalmärkte mit Kursgewinnen quit­tierten. Im März 2020 hatte die Fed angesichts der Co­rona-Pandemie zweimal ihren Leitzins gesenkt und dann für zwei Jahre unverändert belassen. In den Jah­ren 2022 und 2023 folgten dann 11 Leitzinserhöhungen, um die Inflation wieder einzudämmen.

Renten, Währungen und Rohstoffe

Die Anleihemärkte zeigten sich bei rückläufiger Inflation in Erwartung von Leitzinssenkungen im Quartalsverlauf freundlich. Festverzinsliche Papiere mit hoher Bonität profitierten als sogenannter sicherer Hafen vom sprung­haften Anstieg der Risikoaversion Anfang August. Die wegweisende Rendite von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit stand Ende September bei 3,80 Prozent und war während des Quartals erstmals seit Juni 2023 wieder unter diese Marke gesunken. Gegenüber der Jahresmitte ergibt sich ein Renditerückgang von 4,33 Prozent um 0,53 Prozentpunkte. Noch im April dieses Jahres hatten US-Staatsanleihen in der Spitze gut 4,7 Prozent Rendite erreicht. Auch an den europäischen Rentenmärkten gab es im Berichtszeitraum Kursgewin­ne, vor allem im Juli. Die Rendite deutscher Bundesan­leihen mit zehn Jahren Laufzeit sank im dritten Quartal um 0,36 Prozentpunkte auf 2,13 Prozent. Der Bund-Fu­ture, der die Kursentwicklung deutscher Bundesanlei­hen an der Terminbörse angibt, verzeichnete im dritten Quartal einen Anstieg von 131,5 auf 134,9 Punkte.

An den Devisenmärkten schwächte die zunehmende Erwartung einer spürbaren Zinssenkung in den USA den US-Dollar. Der zuvor gewachsene Zinsvorteil ge­genüber dem Euro wird dadurch etwas kleiner. Im Au­gust fiel die US-Währung gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung auf neue Jahrestiefs. Erst die Marke von 1,12 US-Dollar pro Euro erwies sich als trag­fähig. Schon seit Anfang 2023 pendelt der Wechsel­kurs in der vergleichsweise engen Bandbreite zwischen 1,045 und 1,125 US-Dollar pro Euro. Der Wechselkurs von 1,114 US-Dollar Ende September bedeutet für das dritte Quartal einen Euro-Anstieg um 4,0 Prozent.

Wichtiger war die deutliche Trendwende beim japani­schen Yen. Bis zur Jahresmitte hatte sich die japanische Währung auffallend schwach gezeigt und erst Anfang Juli mit 162 Yen neue Rekordtiefs gegenüber dem US-Dollar erreicht. Eine kleine Zinserhöhung der Bank of Japan (BoJ) löste eine rasante Gegenbewegung aus. Nicht wenige Carry Trades mit Kreditaufnahme in Yen wurden aufgelöst, was mit Yen-Käufen verbunden war. Im September reichten zeitweilig 140 Yen, um einen US-Dollar zu erwerben, der tiefste Stand seit Mitte 2023. Der Wechselkurs 143,71 Yen pro US-Dollar Ende September bedeutet für das dritte Quartal eine Aufwer­tung des Yen um 10,7 Prozent.

Unter der Auflösung von Carry Trades Anfang August lit­ten auch Kryptowährungen. So fiel der Bitcoin vom Juli-Hoch von 70.000 US-Dollar kurzzeitig bis knapp unter 50.000 US-Dollar, kehrte dann aber rasch in die Band­breite 55.000 bis gut 70.000 US-Dollar zurück. Letzt­endlich veränderte sich der Wert des Bitcoins im dritten Quartal kaum: ein Plus von rund einem Prozent in US-Dollar, ein Minus von rund drei Prozent in Euro.

An den Rohstoffmärkten zeigte sich im dritten Quartal eine gegenläufige Bewegung von Öl und Gold. Weil sich die Sorgen um eine Unterbrechung der Ölexporte aus dem Nahen Osten nicht bewahrheiteten und sich die chinesische Konjunktur schwach zeigte, fiel der Ölpreis im dritten Quartal um rund 16 Prozent auf 68 US-Dollar für ein Barrel der US-Ölsorte WTI und 72 US-Dollar für die Nordsee-Ölsorte Brent.

Nachdem der Goldpreis im zweiten Quartal seinen An­stieg zuvor in einer Seitwärtsbewegung konsolidiert hat­te, setzte sich der Aufwärtstrend im dritten Quartal wie­der kraftvoller fort. Gold profitierte dabei weiterhin von den geopolitischen Konflikten sowie Notenbankkäufen und den fallenden Zinsen. Nachdem Anleger schon in den vergangenen Monaten das hohe Preisniveau für Gewinnmitnahmen bei ihren Goldinvestments genutzt hatten, ließ das Angebot von dieser Seite nach. Der September wurde mit neuen Rekordpreisen bei 2.635 US-Dollar pro Unze beendet, ein Anstieg gegenüber der Jahresmitte um 13,2 Prozent. In Euro verbleibt davon aufgrund des gefallenen US-Dollars ein Plus von 8,9 Prozent bei einem Stand von 2.366 Euro pro Unze.

Die stärker von industrieller Nachfrage bestimmten Prei­se für Silber, Platin und Palladium konnten hier wei­terhin nicht mithalten. In US-Dollar stieg der Silberpreis zwar um 6,8 Prozent, der Preis von Palladium aber nur um 2,6 Prozent und Platin verlor sogar 1,7 Prozent. Der Kupferpreis setzte unter dem Eindruck der schwachen Weltkonjunktur bis Anfang August den Preisrückgang fort und stabilisierte sich schließlich im Verlauf des Quartals. Vor allem der aufkommenden Hoffnung für die chinesische Wirtschaft verdankte Kupfer einen kleinen Preisanstieg um drei Prozent für das dritte Quartal. Der Bloomberg Commodity Index verzeichnet für den Be­richtszeitraum belastet vom Ölpreis ein kleines Minus von 0,7 Prozent.

Aktienmärkte

Zum Auftakt des zweiten Halbjahres setzten die US-Ak­tienmärkte ihre Rekordjagd fort. Mehrheitlich erreichten die Aktien der Magnificent Seven-Konzerne zunächst neue Höchstkurse, so Apple, Microsoft, die Google-Hol­ding Alphabet, Amazon und der Social-Media-Konzern Meta Platforms. Aber auch die mehrheitlich auf den Hei­matmarkt konzentrierten US-Nebenwerte waren stärker nachgefragt. Der Russell-2000-Index für US-Nebenwer­te, der im gesamten ersten Halbjahr nur 1,1 Prozent ge­stiegen war, machte in der ersten Julihälfte einen Sprung um gut 10 Prozent. Damit erreichte der Neben­werte-Index den höchsten Stand seit 2021, jedoch keine neuen Rekorde. Für das Kalenderquartal verblieb beim Russell-2000 ein Anstieg um 8,8 Prozent, womit US-Ne­benwerte erstmals seit Langem die großen Standard­werte schlagen konnten.

Umschichtungen erfolgten zeitweilig zulasten von Tech­nologie-, Mikrochip- und KI-Aktien. Zudem drückte ein fehlerhaftes Software-Update des IT-Sicherheitsunter­nehmens Crowdstrike auf die Stimmung, weil es welt­weit zu Ausfällen von IT-Systemen kam. Im August ent­täuschten die Quartalsberichte von Amazon und Intel die Erwartungen, was bei diesen Aktien mit prozentual zweistelligen Kursverlusten quittiert wurde.

Mit Spannung fieberten die Aktienmärkte den Quartals­ergebnissen des KI-Chipherstellers Nvidia entgegen. Weil auch dieser in einigen Punkten die sehr hohen Er­wartungen enttäuschte, musste der Aktienkurs wieder einen prozentual zweistelligen Rückschlag hinnehmen. Zudem kehrten Anfang September die Sorgen um eine mögliche Überbewertung der KI-Geschäftsmodelle nochmals zurück. Neben Nvidia gerieten auch andere Aktien der Mikrochip-Branche unter Druck, darunter ins­besondere Broadcom. Dann aber profitierte die Stim­mung für US-Technologie-Aktien von der Ankündi­gung einer Kooperation des Datenbank-Spezialisten Oracle mit dem Cloud-Dienst von Amazon, sodass sich der Sektor wieder stabilisieren konnte.

An der Wallstreet kletterte der Dow Jones Industrial Average erstmals in seiner langen Geschichte über 42.000 Zähler und der S&P-500-Index über 5.700 Punk­te. Ein Wert von 42.330 Zählern Ende September be­deutet für den Dow Jones einen Anstieg im dritten Quar­tal um 8,2 Prozent. Der S&P-500-Index schaffte einen Anstieg von 5,5 Prozent. Der Nasdaq-100-Index erober­te zwar die Marke von 20.000 Punkten zurück, erreicht mit einen Quartalszuwachs von 1,9 Prozent auf 20.061 Zähler aber nicht sein Rekordhoch aus dem Juli bei 20.691 Punkten.

Die europäischen Aktienmärkte setzten im Juli zunächst die im April begonnene Seitwärtsbewegung fort. Der Eu­ro-STOXX-50 suchte dabei Unterstützung im Bereich von gut 4.800 Punkten, verletzte diese Marke jedoch bei den Turbulenzen von Anfang August. Vorübergehend fiel der Leitindex der Eurozone auf 4.474 Punkte und er­holte sich schnell wieder bis auf rund 5.000 Punkte. Der neuerliche Rückschlag Anfang September bei 4.733 Zählern konnte bis zum Quartalsende mit einem Wert von 5.000,5 Punkten per Ende September wieder auf­geholt werden. Dies bedeutet für das Quartal ein Plus von 2,2 Prozent. Der deutsche Aktienindex DAX entwi­ckelte sich ähnlich. Der Rückschlag von Anfang August reichte bis auf 17.025 Zähler. Schließlich profitierten deutsche Aktien stärker von den erhofften Konjunktursti­muli in China. Der DAX konnte damit neue Rekordwerte über 19.400 Punkte erreichen und beendete das Quar­tal bei 19.325 Zählern mit einem Plus von 6,0 Prozent.

In Japan kletterte der Nikkei-Index in den beiden ersten Juliwochen kraftvoll auf ein neues Rekordhoch von 42.427 Indexpunkten. Treiber waren die guten Vorga­ben der Wallstreet und die Schwäche der japanischen Währung. Beim Außenwert des Yen kam es im Verlauf des Julis zu einem Bruch des steilen Abwärtstrends. Die folgende Aufwertung der eigenen Währung verhinderte einen weiteren Anstieg der japanischen Aktienkurse, weil dies die Rahmenbedingungen für die japanische Exportwirtschaft verschlechterte. Der Nikkei-225-Index erlitt Anfang August den zweitgrößten Tagesverlust sei­ner Geschichte. Kurzzeitig fiel der Nikkei bis auf 31.156 Zähler und erholte sich dann im Laufe des Augusts. Der Wert von 37.920 Punkten Ende September bedeutet für das dritte Quartal einen Rückgang um 4,2 Prozent. Der Topix Index verlor 5,8 Prozent.

An den chinesischen Aktienbörsen setzte sich zunächst die Schwäche aus dem Vormonat fort. Die Konjunktur­aussichten hatten sich weiter eingetrübt, was weit über China hinaus die Aktienmärkte belastete. Dass die chi­nesische Zentralbank im Juli ihre Zinsen überraschend senkte, sorgte eher für Verunsicherung als für Unterstüt­zung. Erst die von anderen Maßnahmen zur Geldver­sorgung begleiteten Leitzinssenkungen im September führten zu einem Freudensprung an den chinesischen Börsen. Ziel der People‘s Bank of China (PBoC) ist es vor allem, den schwächelnden Immobilien- und Finanz­sektor des Landes zu stabilisieren.

Das umfangreiche Maßnahmenpaket umfasst neben Zinssenkungen auch eine Kapitalspritze für die sechs größten Geschäftsbanken des Landes. In Hongkong sprang der Hang Seng Index binnen weniger Tage um rund 20 Prozent nach oben, sodass das Quartal mit ei­nem Plus von 16,4 Prozent beendet werden konnte. Weltweit verzeichneten die zuvor von ihrem großen Chi­na-Geschäft belasteten Unternehmen, darunter Luxus­güter- und Pkw-Hersteller, eine Erholung ihrer Aktien­kurse.

Der indische Aktienmarkt, der im Juni vom Wahlergeb­nis profitiert hatte, verlor im Juli an Dynamik und litt un­terdurchschnittlich unter den Turbulenzen von Anfang August. Dabei konnte er im Quartalsverlauf neue Re­kordhöhen erreichen. Der BSE Sensex 30 Index ver­zeichnet für das Quartal einen Anstieg um 6,7 Prozent.

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Bericht für das 2. Quartal 2024

Auch im zweiten Quartal war an den Kapitalmärkten die Verschiebung der erwarteten Leitzinssenkungen in den USA ein zentrales Thema. An den Aktienmärkten sorgte unterdessen die Künstliche Intelligenz (KI) weiterhin für Kursfantasie.

Konjunktur, Inflation und Leitzinsen

Konjunktur und Arbeitsmarkt in den USA präsentierten sich insgesamt robust. Die hohe Beschäftigung führt bei geringer Arbeitslosigkeit zu steigenden Löhnen und ver­sorgt die US-Privathaushalte mit Kaufkraft. Dies verhin­dert allerdings einen schnelleren Rückgang der Inflati­on. Mehrere führende US-Notenbanker, darunter Fed-Präsident Jerome Powell, erteilten raschen Leitzinssen­kungen eine Absage. Powell sprach von mangelnden Fortschritten im Kampf gegen die weiterhin zu hohe In­flation. Deshalb könne es angemessen sein, die Leitzin­sen für längere Zeit auf dem jetzigen Niveau von 5,25 bis 5,5 Prozent zu halten. Laut Powell müssten die Währungshüter zuversichtlicher sein, dass die Inflation auf die Zielgröße von zwei Prozent sinke, bevor sie die Leitzinsen senken. Die Kerninflationsrate für den März brachte mit 3,8 Prozent sogar einen Anstieg. Für den Mai sank diese ohne Energie- und Lebensmittelpreise berechnete Inflationsrate auf 3,4 Prozent und die Ge­samtinflationsrate auf 3,3 Prozent, was wieder Hoffnun­gen auf Leitzinssenkungen im weiteren Jahresverlauf machte.

Anders sieht es in Europa aus. Diesseits des Atlantiks ist die Konjunktur schwächer, damit aber auch die Infla­tionsgefahr. Die Europäische Zentralbank (EZB) be­schloss diesem volkwirtschaftlichen Umfeld entspre­chend die erste Leitzinssenkung seit 2019. Sie senkte am 6. Juni den Hauptrefinanzierungssatz, den Spitzen­refinanzierungssatz und ihren Einlagezinssatz um je­weils 25 Basispunkte. Dies entsprach den Erwartungen und blieb deshalb ohne größere Auswirkungen auf die Kapitalmärkte.

Renten, Währungen und Rohstoffe

An den Anleihemärkten sorgten die immer weiter ver­schobenen Zinssenkungen der US-Notenbank zunächst für Enttäuschung. Der Abwärtstrend der Anleihekurse beschleunigte sich im April. So stieg die Rendite der wegweisenden zehnjährigen US-Staatsanleihen von 4,2 Prozent kurzzeitig auf über 4,7 Prozent. Im Mai und Juni erholten sich die Kurse der Anleihen mit der zurückkeh­renden Zuversicht, dass Leitzinssenkungen nur eine Frage der Zeit sein dürften. Für das zweite Quartal verblieb schließlich nur ein kleiner Renditean­stieg um 0,13 Prozentpunkte (13 Basispunkte) auf 4,33 Prozent. Die entsprechende Rendite deutscher Bundes­anleihen kletterte stärker, nämlich um 20 Basispunkte von 2,3 Prozent Ende März auf 2,5 Prozent zur Jahres­mitte. Der Bund-Future, der die Kursentwicklung deut­scher Bundesanleihen an der Terminbörse angibt, ver­zeichnete im zweiten Quartal einen Verlust von 1,3 Pro­zent auf 131,5 Punkte.

An den Devisenmärkten stärkten die ausbleibenden Zinssenkungen in den USA den US-Dollar. Gegenüber dem Euro wurde der ohnehin bestehende Zinsvorteil et­was größer. Diese Entwicklung war bereits im ersten Quartal weitgehend absehbar und deshalb eingepreist. Im zweiten Quartal stieg die US-Währung gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung nur noch 0,8 Prozent auf 1,07 US-Dollar pro Euro. Ein übergeordne­ter Trend beim Euro/US-Dollar-Wechselkurs ist weiter­hin nicht zu erkennen. Schon seit Anfang 2023 pendelt der Wechselkurs in der vergleichsweise engen Band­breite zwischen 1,05 und 1,12 US-Dollar pro Euro. Auf­fallend schwach zeigt sich dagegen seit Anfang 2023 die japanische Währung. Gegen dem US-Dollar verlor der Yen im zweiten Quartal weitere 6,3 Prozent auf 161 Yen – ein Rekordtief für die japanische Währung.

Nachdem im ersten Quartal die Zulassung der ersten Bitcoin-Spot-ETFs die Kursrallye des Bitcoins und der meisten anderen Kryptowährungen befeuerte hatte, pro­fitierte im zweiten Quartal vor allem Ethereum (Ether) von der erwarteten Zulassung entsprechender ETFs. Dies verhalf der nach Bitcoin zweitgrößten Kryptowäh­rung zu einem rund 20-prozentigen Anstieg. Allerdings reichte das nicht für ein neues Jahreshoch. Dieses war im März bei 4.095 US-Dollar pro Ether erreicht worden. Das Rekordhoch stammt weiterhin aus dem November 2021, als in der Spitze fast 4.870 US-Dollar für eine Ein­heit der Kryptowährung bezahlt wurden. Im weiteren Verlauf des Berichtszeitraumes sorgte dann der Um­stand für Verkaufsdruck, dass entschädigte Kryptoanle­ger der 2014 geplatzten Kryptobörse Mt.Gox mit ihren jetzt zurückerstatteten Bitcoin-Beträgen für ein größeres Angebot sorgen. Letztendlich verlor der Bitcoin im zwei­ten Quartal 12,2 Prozent auf rund 62.500 US-Dollar.

An den Rohstoffmärkten ließen Sorgen um eine weitere Eskalation des Nahost-Konfliktes den Ölpreis zunächst steigen. Auch wenn die Abhängigkeit der Weltwirtschaft vom Öl aus dem Persischen Golf weiter abgenommen hat, reagiert der Ölpreis mit Aufschlägen auf Sorgen, ein bedeutender Seeweg könnte gewaltsam unterbrochen werden. Anfang April erreichte der Ölpreis mit über 90 US-Dollar für ein Barrel Brent und über 85 US-Dollar für die Sorte WTI den höchsten Stand seit einem halben Jahr. Weil die Folgen der gegenseitigen Angriffe zwi­schen Iran und Israel dann aber überschaubar blieben, kam der Preis für Rohöl zurück.

Letztendlich zeigten sich die Preise zur Jahresmitte mit rund 85 US-Dollar für Brent und 81,50 US-Dollar für WTI ungefähr zwei Prozent niedriger als bei Quartalsbe­ginn. Der Goldpreis profitierte als Krisenwährung vor al­lem von Notenbankkäufen und stieg erstmals in der lan­gen Geschichte des Edelmetalls im Mai auf über 2.400 US-Dollar pro Unze. Dann begann eine Seitwärtsbewe­gung zwischen rund 2.300 US-Dollar und dem neuen Rekordhoch. Das zweite Quartal endete mit einem Stand von 2.327 US-Dollar und somit mit einen Anstieg um 4,1 Prozent. In Euro fällt das Plus aufgrund des leichten Dollar-Anstiegs mit 4,9 Prozent auf 2.173 Euro pro Unze etwas höher aus.

Beim Silberpreis setzte sich das bessere Aufwärtsmo­mentum fort. Im Mai wurde mit 32 US-Dollar pro Unze der höchste Wert seit 2012 erreicht. Ein Silberpreis von gut 29 US-Dollar zur Jahresmitte bedeutet für das zwei­te Quartal einen Anstieg um 16,4 Prozent. Der Kupfer­preisanstieg setzte sich bis Mitte Mai fort, gab aber in der zweiten Hälfte des Quartals den größeren Teil davon wieder ab. Für das Quartal verblieb ein Plus von 8 Prozent. Der Bloomberg Commodity Index verzeich­net für den Berichtszeitraum nur ein Plus von 1,5 Pro­zent.

Aktienmärkte

Nach den Kursgewinnen im ersten Quartal setzten pünktlich zu Beginn des zweiten Quartals Gewinnmit­nahmen ein. An der Wallstreet haben sich die Investo­ren vor allem auf die Quartalsberichte der Unternehmen und ihre Ausblicke konzentriert. Der von technischen Mängeln und Skandalen erschütterte US-Flugzeugbau­er Boeing meldete, dass er tief in den roten Zahlen steckt.

Negativ und dementsprechend mit Kursverlusten re­agierten die Anleger unter anderem auch bei Meta Plat­forms (Facebook), Caterpillar und IBM, positiv bei Al­phabet und Microsoft. Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) sorgte weiter für Begeisterung und steigende Kur­se. Mit Spannung wurden die Quartalsergebnisse von Nvidia erwartet. Der KI-Chip-Hersteller übertraf die Er­wartungen erneut und die Aktie stieg auf neue Re­kordhöhen. Mit einem Börsenwert von über 3,4 Billionen US-Dollar übertraf Nvidia zeitweilig Microsoft und Apple als wertvollste Unternehmen der Welt. Dann setzen al­lerdings auch bei den Chip-Aktien Gewinnmitnahmen ein.

Der Dow Jones erreichte im Mai erstmals in seiner Ge­schichte 40.000 Punkte, beendete das Quartal aber mit einem kleinen Minus von 1,7 Prozent bei 39.119 Zäh­lern. Der repräsentativere, weil 500 statt nur 30 Aktien umfassende S&P-500-Index setzte seinen Aufwärts­trend dagegen auch in der zweiten Hälfte des Quartals fort und beendete den Berichtszeitraum mit einem Plus von 3,9 Prozent auf neuen Rekordhöhen bei 5.460 Punkten. Neue Rekordstände erreicht auch der Nas­daq-100-Index, der das Quartal mit einem Plus von 7,8 Prozent bei 19.683 Zählern beendete. Kleinere US-Akti­en schnitten dagegen insgesamt schlechter ab. Der Russell-2000-Index verlor im zweiten Quartal 3,6 Pro­zent und gab damit fast den gesamten Gewinn aus dem ersten Quartal wieder ab.

Auch in Europa entwickelten sich die Aktienmärkte un­einheitlich. Zuletzt belastete die politische Unsicherheit nach den Wahlen zum Europa-Parlament. Hohe Kursrü­ckgänge gab es insbesondere in Frankreich, wo Präsi­dent Macron nach Stimmengewinnen für die Rechtspo­pulisten Neuwahlen zum französischen Parlament an­setzte und dabei im ersten Wahlgang wieder hohe Ver­luste erlitt. Der französische Leitindex CAC-40 fiel zum Ende des Quartals auf 7.479 Zähler. Der Verlust im zweiten Quartal ist mit 8,9 Prozent etwas höher als der Zuwachs aus dem ersten Quartal.

Der Euro-Stoxx-50 verlor im Berichtszeitraum 3,7 Pro­zent auf 4.894 Punkte. Besser hielt sich der Deutsche Aktienindex DAX, der im Mai neue Rekorde erreichte (18.892,9 Zähler im Handelsverlauf und 18.869,4 Punk­te auf Basis der Xetra-Tagesschlusskurse) und im Zeit­raum April bis Juni nur 1,4 Prozent auf 18.235 Zähler verlor. Dabei half auch die Einrechnung der Dividenden, die größtenteils in den vergangenen Wochen für das vorausgegangene Jahr ausgeschüttet wurden. CAC-40 und Euro-Stoxx-50 sind im Gegensatz zum Performanceindex DAX sogenannte Kurs- oder Preisin­dizes, bei denen Dividenden nicht in die Berechnung einfließen. Diese Indizes leiden dementsprechend unter Dividendenzahlungen, weil die Aktienkurse einen Divi­dendenabschlag erfahren.

Auch am japanischen Aktienmarkt gab es nach dem starken ersten Kalenderquartal im April Gewinnmitnah­men. Der Nikkei-225-Index, der im März erstmals die Marke von 41.000 erreicht hatte, fiel bis auf rund 37.000 Punkte, also um fast 10 Prozent, stabilisier­te sich aber im Verlauf des Quartals und beendete es schließlich mit einem Rückgang von 1,9 Prozent bei 39.583 Zählern. Der repräsentativere Topix-Index schaffte sogar in kleines Plus von 1,5 Prozent.

Bei den Emerging Markets galt die Aufmerksamkeit wei­terhin vor allem China und Indien. Nach zwei Jahren mit hohen Kursverlusten setzte sich die im Februar begon­nene Kurserholung an den chinesischen Aktienmärkten bis Mitte Mai fort. Der Hang Seng Index in Hongkong kletterte in einer Rallye von unter 17.000 Punkten auf gut 19.600 Zähler und erreichte damit wenigstens wie­der das Kursniveau vom Sommer vergangenen Jahres. Er beendete das Quartal mit einem Plus von 7,1 Pro­zent bei 17.719 Zählern.

Der Hang Seng China Enterprise Index erholte sich so­gar um 9,0 Prozent. Dass der Kursaufschwung aber nicht alle chinesischen Aktien erfasste, zeigt der Shang­hai-A-Index, der im zweiten Quartal weiter zurückfiel und 2,4 Prozent einbüßte. Gemessen an den betriebs­wirtschaftlichen Daten gelten viele chinesische Aktien als preiswert. Grund dafür ist allerdings eine Zurückhal­tung der Investoren wegen der politischen Rahmen­bedingungen. Angesichts des aggressiven Auftretens der Volksrepublik gegenüber Nachbarländern verhäng­ten die USA Sanktionen im Bereich Hochtechnologie. Zudem drohen China wegen seiner Exportpolitik immer wieder Schutzzölle. Diese Risiken hatten bereits zu Um­schichtungen von Investoren nach Indien geführt. Der dortige Aktienmarkt hatte nach den hohen Kursgewin­nen 2023 und vor den Wahlen zunächst eine abwarten­de Haltung eingenommen. Das Wahlergebnis, dass Premier Modi und seine Hindu-Nationalisten zu einer Koalition zwingt, wurde dann aber positiv aufgenom­men. Der Sensex Leitindex der Börse Bombay kletterte auf neue Rekordhöhen und beendete das Quartal mit einem Plus von 7,3 Prozent.

Noch besser schnitt der taiwanesische Aktienmarkt ab. Der Taiwan Weighted Index (TWI) stieg um 13,5 Pro­zent. Taiwan ist der wichtigste Produktionsstandort für Mikrochips weltweit und profitiert vom stark steigenden Chip-Bedarf durch Künstliche Intelligenz. Die Aktie des Indexschwergewichts Taiwan Semiconductor Manufac­turing stieg seit Jahresbeginn um über 70 Prozent. An den Aktienmärkten Lateinamerikas setzte sich nach den Kursgewinnen im Vorjahr die Konsolidierung fort. Der brasilianische Bovespa Index verlor im zweiten Quartal 3,0 Prozent und der mexikanische IPC Index 8,6 Pro­zent.

Nachdem die Aktienkurse der großen Goldminenbetrei­ber im ersten Quartal von Sorgen um hohe Kosten und Risiken belastet worden waren, profitierten sie in den darauffolgenden drei Monaten vom steigenden Gold­preis. Der FT Goldmines Branchenindex verzeichnete für den Berichtszeitraum einen Anstieg um 8,1 Prozent.

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